Die Kameraposition ist alles…

Es ist ja manchmal krass, was die Veränderung der Kameraposition in Bezug auf das Fotosubjekt – egal, ob das nun ein Mensch, ein Auto, eine Landschaft etc. ist, so an Veränderung der Bildwirkung ausmacht.

Ich nehme jetzt einfach mal die Fotografie von Menschen als Beispiel, ganz einfach, weil das mein Haupttätigkeitsbereich ist.

Als ich mir – es ist nun schon einige Zeit her – der gestalterischen Wirkung des Blickwinkels noch nicht so richtig bewußt war, hatte ich beim Durchschauen der Ergebnisse eines Shootings oft den Effekt, dass ich einige Fotos einer Serie ganz besonders mochte, andere nicht so. So ganz auf Anhieb, ohne dass da jetzt irgendetwas besonders augenfällig wäre. Ich konnte es aber nicht festmachen. Das Licht war in etwa gleich, Pose und Ausdruck auch… es war mir zunächst nicht so recht erklärlich. Oft war es dann aber ganz einfach so, dass die Kamera zwischen den “schon OK, aber nicht so tollen” und den “tollen” Fotos einen anderen, einen für die jeweilige Person besseren Blickwinkel eingenommen hatte.

Leicht erklärbar wird das bei der Fotografie von Kindern – jedenfalls soweit einem die Kinder nicht sowieso schon über den Kopf gewachsen sind:

links: aus Augenhöhe des Kindes fotografiert – rechts: aus Erwachsenenposition fotografiert

Typischerweise werden Kinder von fotografisch unvorbelasteten Eltern, Verwandten etc. aus dem Stand fotografiert. Sprich: Der Erwachsene steht und fotografiert auf das deutlich kleinere Kind herunter. Das Beste, was man über solche Fotos sagen kann, ist wohl, dass das gewünschte Fotosubjekt in 85,76 v. H. der Fälle mit im Bild sein wird. Mache ich das so, erzeuge ich eine klassische Abbildung, dessen, was man als Erwachsener mit bloßem Auge typischerweise sieht: “Kind von oben”. Dazu bekomme ich gratis einen typischerweise weniger guten Hintergrund (den kann ich bei der Fotografie von oben herab nämlich nicht wirklich kontrollieren) ohne Horizont und Himmel (dafür dürfte die Kamera nämlich nicht nach unten geneigt sein), und schon ist das Foto fertig für die Mülltonne. Jedenfalls aus fotografisch-technischer Sicht. Denn selbst das technisch schlechteste Foto der Welt kann für die Eltern, Verwandten, etc, das Beste und Wichtigste sein, wenn das Kind gerade etwas besonders Süßes macht, drollig schaut, etc. Das soll jetzt hier aber nicht das Thema sein.

Zurück zum Blickwinkel:

Folge ich mal der einfachen Empfehlung, ein Kind aus dessen Augenhöhe zu fotografieren, habe ich urplötzlich ein deutlich interessanteres Portrait des Kindes. Interessanter ist es schon allein deshalb, weil der Blickwinkel nicht dem entspricht, den wir Erwachsenen normalerweise einnehmen (Oh, mein Rücken…). Ich bekomme unter Umständen (die “Umstände” wären dann die tatsächlich vorhandene Umgebung, meine Brennweite und die Blendenöffnung) sogar die Möglichkeit den Hintergrund zu beeinflussen, indem ich meinen Blickwinkel leicht nach rechts, links, oben, unten verändere. Auf einmal mache ich also nicht mehr nur eine schnöde Kopie dessen, was mein Auge sieht, sondern ich habe mich in die Lage versetzt, ein Foto zu gestalten. Einfach dadurch, dass ich mich gebückt, hingekniet oder hingelegt habe. In diesem Blogpost hier habe ich – etwa im letzten Drittel – mal ein kleines Beispiel zum Thema “Hintergrundgestaltung” gebracht, in dem ich zeige, was ein paar Grad Änderung des Blickwinkels ausmachen können.

Und wie ist das bei Erwachsenen?

Nun ist das bei Kindern eigentlich sehr offenkundig und leicht nachvollziehbar. Die im Titel genannte Maxime gilt aber – wenn auch wesentlich subtiler – auch dann, wenn es nur um wenige Grad oder wenige Zentimeter geht, etwa wenn man einen Erwachsenen porträtiert.

Als ich zuletzt meinen Freund Toto fotografierte – wir sind in etwa gleich groß – war so ein Fall wieder eingetreten: Er stand inmitten des Lichtsetups, ich war ebenfalls mit den Füßen auf dem gleichen Fußboden, machte das erste Foto, und sah direkt, dass ich meine Position idealerweise etwas erhöhen müsste. Ich fotografierte nämlich zu stark unter sein Kinn, was nicht unbedingt super vorteilhaft für ihn war. Also schnell ein Leiterchen geschnappt, auf die unterste Stufe gestellt und schon….. war ich zu hoch: Er musste dann schon eine Spur zu sehr zu mir heraufschauen. Und es sollte ja ein Business Porträt (also selbstbewußt/kompetent aber nicht arrogant, freundlich aber dabei sachlich) und kein Coverfoto für “Unterwürfigkeit heute” werden. *Zefixnochamol* Also auf der Leiter bleiben, aber in eine leicht gebückte Haltung gehen, und schon passte der Blickwinkel. Es ist manchmal in der Tat ein Spiel um Zentimeter.

links habe ich “vom Boden aus” ganz leicht nach oben fotografiert  // rechts habe ich vom Leiterchen aus exakt auf Augenhöhe fotografiert

Bildwinkel und Bildaussage

Am Ende ist das Ausschlaggebende immer die Frage: Was soll das Bild ausdrücken. Denn ein späterer Bildbetrachter nimmt ja zwangsläufig genau die Position ein, die im Moment der Aufnahme die Kamera inne hatte. Und darüber werden Stimmungen und Tendenzen in das Bild gebracht: Schaue ich auf jemanden herab, oder schaue ich zu jemandem auf.
Das ist nicht nur eine Redensart, die im übertragenen Sinn gilt, sondern zunächst mal ganz wortwörtlich schlichtweg vom faktischen Blickwinkel abhängig. Zum Beispiel war es vor ein paar Jahrzehnten zum Beispiel Standard, Frauen eher von oben herab zu fotografieren, damit sie zur Kamera – und damit zum Bildbetrachter – aufschauten. Das galt wohl als perfekter Ausdruck des weichen, warmen, zurückhaltenden [unterwürfigen] Frauenbildes. Helmut Newton hingegen hat seine Kamera oft in einer tiefere Position gebracht, um den Ausdruck von Stärke, Dynamik und Selbstbewußtsein der Frauen in seinen Bildern zu stärken. Es hat also seine Kamera – und damit den Bildbetrachter! – bewußt in eine tiefe, aufschauende Position gebracht.

Wichtig ist ganz einfach die Klarheit darüber, dass Deine Positionierung der Kamera im Moment der Aufnahme auch den Bildbetrachter auf eine bestimmte Position festnagelt und darüber Tendenzen in die Bildaussage bringt. Dieses Stilmittel solltest Du beim Fotografieren unbedingt im Kopf haben und beachten. Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn man sich vorher darüber klar wird, was die Bildaussage denn sein soll…

künstliches Fensterlicht

Ich mag ja Fensterlicht.Wenn ein hinreichend großes Fenster verfügbar und draußen in irgendeiner Form Tageslicht vorhanden ist, die Sonne aber nicht direkt in ‘mein’ Fenster herein scheint, und dann noch die Umgebung des Fensters fotografisch nutzbar ist. Dann ist Fensterlicht oft eine herrliche Angelegenheit zum unbeschwerten Fotografieren.

Was aber, wenn das Shooting im Winter abends stattfindet? Oder sonst eine der oben aufgezählten Voraussetzungen nicht passt?

Muss ich dann auf mein geliebtes Fensterlicht verzichten?

Antwort: JA und NEIN.

JA, denn von Blitzsynchronzeiten und Blitzlichtgeraffel befreites Fotografieren ist dann passé. Dieser Vorteil des Fensterlichts ist dan wirklich weg. Aber zugleich lautet die Antwort auch:

NEIN, denn ich kann mir künstliches Fensterlicht an jeder beliebigen Stelle in jedem beliebigem Raum aufbauen. Dazu braucht es nicht sehr viel an Material und auch nicht unbedingt sehr viel Platz.

Es reicht ein mittelgroßer Diffusor, also im Prinzip ein aufgespanntes, weißes, lichtdurchlässiges Stück Stoff, das von der Rückseite aus mit einem Blitzlicht befeuert wird. Der Diffusor ist sozusagen meine Fensterscheibe, das Blitzlicht die Sonne. Mit “Rückseite des Diffusors” meine ich natürlich die Seite, auf der NICHT das Model steht.

Um nun die Lichtverteilung auf meinem Diffusor möglichst flächig zu halten und keine Hotspots zu produzieren, empfiehlt es sich, das Blitzlicht bereits an der Quelle schon einmal zu streuen. Zum Beispiel, indem Du den Blitz durch eine Softbox oder einen Schirm (oder gar beides) schießt. Oder, indem Du den Blitz vom Diffusor weg richtest und sein Licht von einer vorteilhafterweise nahegelegenen weißen Wand reflektieren und so auf die Rückseite des Diffusors fallen lässt. Da führen wieder viele Wege nach Rom.

Ziel des ganzen ist jedenfalls, den Diffusor – mein Fenster – annähernd gleichmäßig zu beleuchten. Der Diffusor streut das Licht dann seinerseits noch einmal, bevor es auf das Model trifft.

Bei dem Homeshooting mit Daniela habe ich mit dieser Technik gearbeitet.

Als Diffusor war ein PRO-Reflektorrahmen der Firma California Sunbounce mit einer 2/3-Diffusorbespannung im Einsatz. Der stand aufrecht mit seiner Unterkante auf dem Fußende vom Bett und wurde von Stativen mit den passenden Halteklammern gehalten. Hinter dem Reflektor hatte ich einen Kompaktblitz positioniert, der durch eine 60x60er Softbox von Lastolite blitzte. Diese Lichtquelle zielte aus ca. 1 Meter Entfernung auf die Mitte des Diffusors. Das ergab auf der gesamten Diffusorfläche ein annähernd gleichmäßig helles Licht. Und das wiederum ergab dann ein wunderbar weiches, schnell in Schatten abfallendes Licht auf Daniela, siehe oben.

Hier noch eine kleine Skizze vom Aufbau:

Übrigens: Nein, es muss natürlich nicht zwingend so ein eher teurer Sunbounce-Diffusor sein. Ich finde diese Reflektoren halt gut (warum das so ist, hatte ich hier mal aufgeschrieben) und habe inzwischen das eine oder andere Teil aus deren Produktion, so dass ich sie dann auch gerne benutze. Aber im Prinzip würde hier auch ein simples Stück Stoff funktionieren. Vorausgesetzt, es ist eben in ähnlicher Form lichtdurchlässig. Oder das Diffusor-Innenleben eines (größeren) 5in1-Reflektors.

Das ändert nichts am Prinzip.

Und noch ein “Übrigens”: Ja, möglicherweise hätte ich den gleichen Effekt allein mit einer wirklich großen Softbox erreichen können. Hätte den Aufbau nochmals vereinfacht: Einfach die 150cm-Octabox auf einen Studioblitz geschnallt und auf das Stativ gepackt. Das wäre sicherlich auch eine gute Lösung gewesen. ABER zum Einen wollte ich gezielt die oben beschriebene Lösung einmal ausprobieren, zum Anderen war vor Ort ganz einfach nicht genug Platz für die 150er Octabox. Denn das Shooting fand in ziemlich beengten Verhältnissen statt, wie Du hier nachlesen kannst.

in 10 Schritten zum perfekten Katzenfoto

Du wolltest schon immer mal wissen, wie andere Fotografen es schaffen, so tolle Fotos von ihrer Katze zu machen? Heute breche ich ein Tabu und verrate Dir ALLES, was Du wissen musst, um selber zum Shootingstar der Katzenfotografie aufzusteigen. Es ist ganz einfach. Folge einfach nur den nächsten 10 Schritten, und Du wirst sehen: Alles wird gut, sogar Deine Fotos.

  1. Visualisiere Deinen Erfolg
    Ja, das ist mein absoluter Ernst: Wenn Du Dir erst mal vorstellst, dass Du Erfolg haben wirst, kommt der tatsächliche Erfolg ganz automatisch. Und das Beste ist, dass Du beim Visualisieren ganz bequem auf der Couch abhängen oder Du schon mal in Internetforen Deine zukünftigen Fans über Deinen zukünftigen Erfolg informieren kannst. Mega!
  2. Benutze eine Kamera
    Gut, das klingt jetzt erst mal etwas banal und offensichtlich. Aber Du glaubst ja gar nicht, von wie vielen Menschen ich mir vorstellen kann, dass sie auf diesen Gedanken niemals kämen. Man soll ja nie von sich auf andere schließen (oder von einem auf alle und alle gegen einen, oder so ähnlich), und schon deshalb ist dieser Ratschlag absolut unerläßlich. Außerdem ist er faktisch unwiderlegbar. Denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass in 100% aller Fälle mit Kamera mehr Fotos entstehen als ohne. Garantiert!
  3. Nimm den Objektivdeckel ab
    Ich habe ja lange überlegt, ob dieser Tipp mit in diese Liste hineingehört. Aber empirische Erhebungen auf breiter Basis und ebensolche langjährigen Erfahrungen haben gelehrt, dass es in Bezug auf Objektivdeckel genau drei Arten von Fotografen gibt:

    1.  die Fotografen, die sowieso nie einen Objektivdeckel drauf haben, damit sie “immer bereit” sind – diese ersetzen den Text bei Tipp 3 bitte durch “Halte ein Staubtuch bereit, um die Frontlinse zu säubern” und gehen dann zu Tipp 4
    2. die Fotografen, die sowieso immer daran denken, den Objektivdeckel abzunehmen, bevor sie die Kamera ans Auge heben – meinen absoluten und rückhaltlosen Glückwunsch, gehe gleich zu Tipp 4.
    3. die Fotografen, die die Kamera ans Auge heben und erstmal schwarz sehen, weil sie (wie immer) diesen dämlichen Deckel auf der Linse gelassen und sich so mal wieder vor ihrer Umwelt total zum Affen gemacht haben. Glücklicherweise haben Katzen ja kein Problem mit Affen, daher geht es gleich mal weiter zu Tipp 4.
  4. Warte auf den richtigen Moment
    Spätestens seit ‘Fluch der Karibik’ ist ja bekannt, dass die Wahl des falschen Moments zu bedauerlichen Missgeschicken führen kann. Solltest Du zum Beispiel ein preiszukrönendes Katzenfoto machen wollen, aber schon auslösen, wenn ein Hund im Sucher zu sehen ist, war das mal ganz einfach nicht der richtige Moment. Außer, Du bist metaphorisch veranlagt, und Du willst die grundsätzliche Wesensgleichheit aller vierbeinigen Haustiere postulieren. Oder der Hund hat zuvor die Katze gefressen. Aber das sind dann auch schon die einzigen zulässigen Ausnahmen. Alle anderen haben bitte zu warten.
  5. Schnapp Dir eine Katze
    Du bist jetzt soweit. Du bist bereit, das Motiv kann kommen. Dein Zeigefinger schebt schon erwartungsfroh über dem Auslöser. Bereit herabzustoßen auf diesen Knopf, der das erste Fingerglied aus der Sicherheit seiner Verschraubung im Kameragehäuse regelrecht zu verhöhnen scheint. Solltest Du nicht zufällig schon eine Katze im Visier haben (siehe 4.) ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, eine Katze zu suchen und sie im richtigen fotografischen Umfeld zu platzieren, damit dein Erfolg (siehe 1) auch ganz sicher eintritt.
  6. Schnapp Dir die Katze nochmal
    Du hast nicht viel Ahnung von Katzen, oder? Du glaubst doch nicht wirklich, dass eine Katze einfach mal höflich da sitzen bleibt, wo Du sie hinsetzt. Also los, auf die Füße und hinterher. Und überleg Dir schon mal, wie Du die Katze in der Fotoposition fixierst. Damit dieser Schritt ohne gröbere Unannehmlichkeiten bei der späteren Reinigung Deiner Kleidung gelingt, solltest Du außerdem einen Verbandkasten bereitlegen. Sollte die Katze fortgesetzterweise nicht kooperieren, macht das aber auch nichts. Einfach Punkt 6 wiederholen, bis einer von euch beiden keine Lust mehr hat…
  7. MACH! DAS! FOTO!
    Endlich. Es ist soweit. Die Punkt 1 bis 6 sind abgearbeitet, die Erwartungen der Fanbase (siehe 1) haben den Druck, ein Meisterwerk zu produzieren, in schier unermessliche Höhen steigen lassen. Jetzt ist die Zeit gekommen, den Damm brechen zu lassen, den Druck abzubauen, den Startschuss zu geben, nochmal in Ruhe einen Kaffee zu trinken und dann: SCHUSS! UND SIEG! DAS KATZENFOTO IST IM KASTEN!
  8. Mach das Foto nochmal. Diesmal mit Speicherkarte in der Kamera.
    Ähem. Also gut, das mit der Speicherkarte hätte ich vielleicht irgendwo vor der Nummer sieben einbauen sollen, vielleicht als Tipp 3a oder so. Meine Schuld, da hast Du völlig Recht. Aber noch ist nicht alles verloren. Schwupps, rein mit der Speicherkarte in die Kamera – NEIN, nicht die volle! Die leere natürlich! – und schon kann es wieder losgehen. Wieder ist es soweit, die Punkte 1 bis 7 …. etc…blabla… Du weißt schon: siehe Nummer 7…
  9. BEARBEITE DAS FOTO
    Es ist soweit. Die Grundlagen für das Meisterwerk sind geschaffen. Jetzt nimmst Du die noch glühende Speicherkarte aus dem qualmenden Speicherkartenschacht Deiner Kamera, schiebst sie in den Kartenleser Deines Computers und lädst das Bild in die Bearbeitungssoftware. Erschrick nicht, wenn es zunächst mal nur nach einem ganz hundsordninären, gewöhnlichen, völlig belanglosen und leicht unscharfen Foto einer nichtmal besonders hübschen Katze in gruseliger Umgebung aussieht. Wie gesagt: Das sind ja nur die Grundlagen, ein Rohdiamant sozusagen. Das kann quasi gar nicht vom Start weg gut aussehen. JETZT kommt der letzte Schliff, mit dem Du aus Deinem Foto das ultimative Meister-Katzenfoto machst:
    Eigentlich ist es ganz egal, was genau Du in der Bildbearbeitung machst. Hauptsache, es dauert mindestens 10 Stunden, es führt zu einer Bilddatei mit 23 Ebenen (davon mindestens 5 Einstellebenen und 8 mit Ebenenmaske), Du benutzt 13 verschiedene Filter aus der Abteilung “künstlerisch” und – jetzt kommt das Wichtigste – es hat eine weiße Vignette (und zwar eine kräftige).Alternativ Du auch einfach ein HDR draus machen. Dabei wäre dann die Hauptsache, dass Du nicht so zimperlich mit den Reglern umgehst. Viel hilft viel!
  10. ZELEBRIERE DEINEN ERFOLG
    Jetzt ist die Zeit gekommen, die stehenden Ovationen Deiner Fanbase huldvoll entgegen zu nehmen. Natürlich hast Du Dein Meisterwerk umgehend in Dein Facebook-Profil hochgeladen. Ganz bescheiden versteht sich, kein großes Tamtam. Als Titel nur: “mein Katze” oder so etwas Einfaches. Große Werke sprechen schließlich für sich selbst.
    Denk aber daran, nach 10 Stunden des Wartens auf irgendeine verdammte Reaktion mal eine Pause einzulegen, ein Nickerchen zu machen oder einen dreifachen Espresso zu trinken. Und gräme Dich nicht, wenn die Welt Dich nicht sofort mit der gebührenden Lobeswelle überrollt. Du wärst leider nicht der Erste, dessen Werk zu Lebzeiten völlig verkannt wurde. Aber glaube mir, selbst wenn das Lob der weiten Welt ausbleiben sollte: Dein Werk wird nach diesen zehn Schritten absolut einmalig sein.

SO, das war’s. Freu Dich schon mal auf Deinen künftigen Erfolg, denn dieses bisher geheime Rezept ist unfehlbar.

Und für die Unersättlichen habe ich hier noch einen Bonus-Tipp:

  • Traue niemals(!) unvoreingenommen irgendeiner dusseligen 10-Punkte-Liste, die Du im Internet findest.
    Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist der Inhalt nämlich entweder absoluter Humbug oder besteht als belanglosen Allgemeinplätzen. Der Autor macht sich einfach nur den Umstand zunutze, dass die meisten Menschen solchen nur vermeintlich wertvollen Listen der Marke “X Punkt zum Erfolg” sehr zugetan sind, deshalb den Link dorthin in der Hoffnung auf ein (natürlich nicht existierendes) ‘einfaches’ Rezept zum Erfolg anklicken, und so Traffic auf die Seite tragen.
    Nicht, dass es nicht auch mal die eine oder andere fünf-bis-zehn-Punkte-Liste mit tatsächlich wertvollen Tipps oder Inhalten geben kann. Insbesondere, wenn diese Listen schlagwortartig als “Merkliste” für ein eng begrenztes Thema dienen, dessen einzelne Punkte dann in sinnvoller Tiefe ausgeführt werden. Die traurige Wahrheit ist aber, dass die weitaus meisten dieser Listen – besonders die, die ‘schnellen’ Erfolg versprechen – oft nur aus einer sinnlosen Aneinanderreihung von inhaltslosen Banalitäten bestehen. Oder aus Schlagworten und Phrasen, die eigentlich genauer vertieft und erklärt werden müssten, wozu dann in einer solchen Liste aber gerade mal kein Platz ist. Sonst wäre es ja keine übersichtliche Liste mehr…Ich hoffe, Du verzeihst mir, dass ich Dich mit dieser Methode in meinem Blog gelockt habe. Solltest Du bis hierhin durchgehalten haben, habe ich zumindest die Hoffnung, dass ich Dich ein wenig unterhalten habe. Und wenn Du Dich – wo Du doch schon mal da bist – hier mal umsiehst, wirst Du feststellen, dass dieser Blog im Übrigen eher nicht aus Satire besteht, sondern überwiegend mit tatsächlich ernstgemeinten Ratschlägen, Tipps und Geschichten aus dem Bereich der Fotografie aufwarten kann.Viel Spaß beim Stöbern und Lesen. Und wenn Du magst, lass mir ein Feedback da, was Dir gefallen hat, was nicht, und worüber Du vielleicht gerne was lesen möchtest.

    Bis bald!

Oh, und ein “PS” noch:
Nein, ich habe auch nicht grundsätzlich was gegen Katzen. Nette Tiere. Aus meiner Sicht Allergenträger. Dieser Artikel geht aber gar nicht gegen Katzen oder andere Tiere. Es macht sich bloß (aber nur ein bißchen) über die gelegentlich in Fotoforen verbreitete Praxis lustig, mittels Katzenfotos die Tauglichkeit von Objektiven zu ‘beweisen’. Ich erkenne ausdrücklich an, dass es auch wirklich gute Fotos von Katzen geben kann, und wollte Dir – solltest Du anerkannter Katzenfotoprofispezialist sein – nicht auf die Füße treten. Was Du aber sowieso schon gemerkt hast, so als Profi, nicht wahr?

Entweder Studioblitz. Oder Kompaktblitz. Oder doch Beides?

Irgendwie war das immer so ein Gedankengang in meinem Kopf, wenn ich mir Gedanken über die Umsetzung eines Fotos gemacht habe, und dazu ein Blitzsetup erforderlich war: “Nimmst Du jetzt die großen Studioblitze ODER die kleinen Kompaktblitze dafür.”
Das waren für mich irgendwie immer getrennte Welten mit verschiedenen Vor- und Nachteilen.

Bei den Studioblitzensteht ja auf der “PLUS“-Seite vor allem eins:

  • POWERRRRRR.
    Portrait bei Blende 16 / ISO 100? – Kein Problem!
  • Die Möglichkeit, bei den Lichtformer auch die ganz großen Softboxen nutzen zu können. So eine 150er Octabox ist eben – je nach gefragtem Bildstil – besser als die 60x60er Kompaktblitz-Softbox.

Auf der “MINUS“-Seite der Studioblitze steht ganz eindeutig:

  • Die Abhängigkeit von Steckdosen (jedenfalls bei zwei meiner drei Studioblitze). Strom aus Steckdosen muss erstmal DA sein. Außerdem muss ich dann immer noch Verlängerungskabel und Mehrfachsteckdosen mitschleppen, die mir dann beim Fotografieren auch noch mehr oder weniger im Weg liegen.
  • Packvolumen und Gewicht: Große Blitze, große Lichtformer,  Mehrbedarf an Sandsäcken gegenüber den kleinen Kompaktblitzen….. und eben: viel großes Zeug = viel schwer.
  • unter Umständen ZU VIEL Power, selbst in der schwächsten Einstellung. Willst Du Blitzlicht in ein Foto einbetten, in dem das Umgebungslicht eine wesentliche Rolle spielt, kann zuviel Power auch mal ganz schön hinderlich sein.

Bei den Kompaktblitzgeräten steht auf der “PLUS“-Seite vor allem:

  • Portabilität. Klein, leicht, einfach mal schnell in der Fototasche verschwunden. Ein Traum.
  • AKKUBETRIEB. Keine Stromkabel mitschleppen und als Stolperfalle am Set auslegen.
  • kleinste Leistung abrufbar. Siehe beim letzten Nachteil der Studioblitze. 1/128-Leistung eines 50ws Kompaktblitzchens ist im Zweifel wenig genug.

Die Nachteile der Taschensonnen sind dann auch ganz klar. Im Prinzip die Umkehrung der Vorteile der Studioblitze:

  • Weniger POWERRRRRR:  Portrait bei Blende 16 / ISO 100?
    Öhm, ja, also, ohne Diffusor und aus 10cm Abstand geht das sowas von problemlos.
    Achso, mit Softbox und aus 2 Metern Distanz? Najaaaa…..
  • Richtig große Lichtformer? Naja, ein mittelgroßer Schirm geht ja noch. Aber eine wirklich große Softbox…..

Ungeachtet meiner schönen Auflistung der grundsätzlichen Vor- und Nachteile der verschiedenen Blitzlichtemittenten gilt natürlich: Ob ein grundsätzlicher Vorteil oder Nachteil eines Systems auch in der jeweiligen Situation ein Vorteil oder Nachteil ist, kommt eben sehr stark auf die Situation an. Wie immer.

Aber es wird deutlich: Studioblitze und Kompaktblitze sind völlig gegensätzliche Welten. Und deshalb waren sie auch irgendwie als getrennte Welten in meinem Kopf verankert. Bis ich neulich auf die eigentlich völlig naheliegende Idee kam, die Welten einfach mal zu kombinieren.

Etwas konkreter:

Bei dem Portrait meines Freundes Thorsten (über das ich hier schon mal kurz berichtet hatte) habe ich – für mich wirklich erstmalig – sowohl Studioblitze als auch Kompaktblitze zusammen eingesetzt.

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Wie ging das denn leistungsmäßig zusammen?

Mal umrechnen:
Das Hauptlicht [A], ein Studioblitz mit 500 ws Maximalleistung (bei Leistungsstufe 6) war auf Stufe 2 eingestellt. Der Blitz gab also gerade mal rund 31 Wattsekunden Lichtleistung ab:
Stufe 6 = 1/1 Leistung = 500 ws
Stufe 5 = 1/2 Leistung = 250 ws
Stufe 4 = 1/4 Leistung = 125 ws
Stufe 3 = 1/8 Leistung = 62,5 ws
Stufe 2 = 1/16 Leistung = 31,25 ws

Das Streiflicht [C], ebenfalls ein Studioblitz mit 500 ws war auf Leistungsstufe 3 eingestellt, nach der obigen Umrechnung also 62,5 ws.

Die beiden “großen” Blitze bewegten sich in puncto Leistungsabgabe schon absolut in einem Leistungsbereich, der auch mit Kompaktblitzen gut möglich (bzw. knapp möglich) ist.

Die Kompaktblitze haben also auf voller Leistung geschossen, um da mithalten zu können?

Nein. Großes NEIN. Sogar “Weit gefehlt”.

Der als Aufhelllicht fungierende Kompaktblitz [B] war auf 1/32 Leistung eingestellt, der Spot auf dem Hintergrund [D] sogar nur auf 1/64 Leistung. Das würde, von einer Maximalleistung von 50ws ausgehend (Ja, ich weiß, dass ist von der Reflektorstellung etc. abhängig. Ich pauschaliere hier einfach mal kräftig.), bedeuten, dass das Aufhellicht nur rund 1,5 ws und der Spot auf dem Hintergrund gar nur 0,75 ws Lichtleistung hatte. Was – ganz am Rande – auch bedeutet, dass ich diese zwei Jobs gar nicht an Studioblitze hätte vergeben können.

Also doch wieder eine erhebliche Differenz in der Lichtleistung.
Wie kann es denn dann sein, dass das zusammenpasste?

Nun, zunächst mal musste das Licht der großen Studioblitze ja  noch durch je zwei Lagen Diffusorstoff der jeweiligen Softboxen. Das frisst ordentlich Leistung. Je nach Größe und Bauart können in so einer Box gut und gerne zwischen 1 und 3 Blenden Lichtleistung verloren gehen. Gehen wir hier einfach mal von zwei Blenden aus, würden beim Hauptlicht (wir erinnern uns: rund 32 ws Leistungsabgabe direkt am Blitzkopf) gerade mal noch 8 ws aus dem vorderen Diffusortuch austreten und die Reise zum Fotosubjekt antreten. Beim Streiflicht  wären es immerhin noch rund 16 ws. (Ja, ich weiß, weit weg von wissenschafltich exakter Herleitung. Aber hier geht’s ja nicht ums Millimeter******, sondern um eine praxisnahe Erläuterung des Grundsatzes.)

Außerdem sind die Studioblitze für die hellsten Lichter im Foto verantwortlich, und das auf großer Fläche. Das Aufhelllicht hingegen verhindert ja bloß, dass die vom Hauptlicht verursachten Schatten in tiefem Schwarz versinken. Und der Spot für den Hintergrund erhellt aus kurzer Distanz durch seine Wabe nur einen kleinen Bereich, und hebt diesen auch nur von tiefdunkelgrau auf nicht mal mittelgrau. Dass für diese jeweiligen Tätigkeiten nicht viel Licht nötig ist, versteht sich insofern eigentlich von selbst.

OK, also gut: Es passt.
Aber warum hast Du denn jetzt plötzlich “die Welten” so gemischt?

Also das war so: Irgendwann zwischen dem achten und dem zehnten Espresso hatte ich eine Vision:
Ich stand auf einer grünen Insel inmitten eines großen Wassers, der Himmel teilte sich und eine Stimme sprach von den unentdeckten Wundern auf dem Gebiet der Licht-Emission…

JA, IST JA GUT. Ich hör ja schon auf.

Also….. es war eher….. tja….. wie soll ich sagen…. Bequemlichkeit.
Ja, tut mir leid, ich kann die Enttäuschung verstehen. Hochfliegender wissenschaftlicher Experimtentierwille kommt später, OK?

Also, ich hatte zuerst mit meinen großen Blitzen Hauptlicht und Streiflicht gesetzt. Dann mussten noch das Aufhellicht und der Hintergrundspot gesetzt werden. Und, naja, die Kompaktblitze lagen halt griffbereit, der letzte verbliebene Studioblitz lag noch in seinem Schrank im Keller. Am Ende – ich schrob es oben schon – hätte der mir auch gar nichts genutzt, weil seine Minimalleistung bei 12,5 ws liegt. Klar, ich hätte das Helligkeitsniveau des ganzen Setups erhöhen können und entsprechend die Blende am Objektiv weiter schließen müssen, dann wär’s gegangen. Aber wie ich schon sagte: Die Kompaktblitze lagen da, der andere war im Keller. Zwingenden Gründen muss man eben stattgeben… Und außerdem brauchte ich ja eh zwei und nicht nur einen.

Wie dem auch sei, am Ende hat die Geschichte aber dazu geführt, dass ich die beiden “Systeme” jetzt deutlich mehr als sich gegenseitig ergänzende Dinge sehe. Und das Schreiben dieses Blogposts hat dazu geführt, dass ich doch ziemlich gestaunt habe, wie wenig Lichtleistung da tatsächlich im Spiel war. Was wiederum zeigt, dass die Auseinandersetzung mit einem Thema beim Bloggen wiederum für den Blogger einen vertiefenden Lerneffekt hat.

So, ich hoffe, Du konntest von diesem Blogpost was mitnehmen. Es würde mich freuen, von Dir eine Rückmeldung zu bekommen. Oder Deine Geschichte zu hören, wo es bei Dir einfach mal Klick gemacht hat, und Du erstmalig was ausprobiert hast. Und wie immer: Teilen gibt gutes Karma :-)…

ein ‘einfaches’ Business-Portrait

Willkommen zurück.

Kürzlich war mein Freund und Fotobuddy Thorsten bei mir, weil er ein aktuelles Portrait brauchte. Und wie das dann so ist haben wir durchgeschaut, welchen Bildstil er denn gerne hätte, das entsprechende Setup aufgebaut und das Foto gemacht. Siehe oben.

Das eigentliche Shooting dauerte ganz genau 10 Minuten. Anhand der Metadaten der Fotos kann man das ja bestens nachvollziehen: Das erste “richtige” Foto – sprich das erste Foto nach den letzten Finessen in Sachen Lichteinstellung – habe ich um 21:10 Uhr geschossen und das letzte um 21:19 Uhr.

Toll. Also bloß 10 Minuten für ein gutes Business-Portrait. 
Das ist mal Geschwindigkeit.

Jaaaa…….. ähm, ….. also: NEIN. Nicht ganz. Denn jetzt kommt mal die Rahmenhandlung dazu. Das allererste Kontrollfoto vom Lichteinrichten datiert auf 20:27 Uhr.

Rechenpause…… 

Genau. Macht unterm Strich 43 Minuten Lichtaufbau (Stative hinstellen, Blitze startklar machen und draufsetzen) und Lichteinrichtung (Blitze ausrichten, Leistung einstellen, kontrollieren)

Uups. Wie kommt das denn? Ist doch nur ein einfaches Portrait. Oder etwa nicht?

Eben: Etwa nicht.

Vielleicht hast Du es dem Foto schon angesehen, aber falls nicht: Hier sind vier Leuchten am Werk. Ein Hauptlicht von halb rechts, ein Aufhelllicht, ein Streiflicht von hinten links und ein Spot für den Helligkeitsverlauf auf dem Hintergrund. Und das musste auf relativ engem Raum aufgebaut und eingerichtet werden. Hier mal eine kleine Skizze zum Foto:


Nun muss ich zu meiner Ehrenrettung allerdings sagen, dass wir uns natürlich nicht gerade abgehetzt haben. Wir sind ja beide Fotofreaks und deshalb gehörte das Feilen am Lichtsetup auch mal ganz einfach zum geplanten Abendprogramm. Wir haben zum Beispiel viel Zeit auf den Spot für den Hintergrund verwendet. Da haben wir verschiedene Standorte des Blitzes ausprobiert und mit der Stärke der Wabe herumgespielt, einfach um mal zu sehen, die sich der Lichtspot auf dem Hintergrund verändert.

Bei konzentriertem Arbeiten würde so ein Setup inklusive Aufbau der Leuchten vermutlich in der Hälfte der Zeit stehen. In einem Studio mit a) Platz und b) griffbereit aufgebauten Leuchten geht es noch schneller.

Hier und heute geht es mir aber einfach mal um die visuelle Verdeutlichung meiner Worte aus meinem kürzlich erschienenen Blogpost hier “Mach Dir aber bloß nicht so viel Arbeit“. Darin hatte ich angedeutet, dass auch ein ‘einfaches’ Portrait mitunter eben einen gewissen Mindestaufwand bedeutet. Jedenfalls dann, wenn man es “richtig” machen möchte.

Und das hier ist ja so ein ‘einfaches’ Portrait, dem ein fotografisch unbefangener Mitmensch den dahinter stehenden Aufwand wahrscheinlich nicht ansieht. Also: Quod erat demonstrandum.

Platz ist in der kleinsten Hütte…

So oder so ähnlich lautete der Untertitel des letzten Homeshootings im gerade erst vergangenen Jahr 2015. Ich hatte mich mit Daniela zu einem Boudoirshooting verabredet, und zwar in der Wohnung einer Freundin von ihr. Daniela schrieb mir vorher, das die Wohnung nicht sehr groß sei, sondern ein rund 30qm großes Einraum-Apartment. Auch ein Handyfoto fand vorab den Weg zu mir. Ich hatte also eine grobe Idee, in welchen räumlichen Verhältnissen das Shooting stattfinden würde.

Als ich dann das Apartment betrat, habe ich dennoch (rein innerlich natürlich) erstmal geschluckt. 30 Quadratmeter ist als Grundfläche für einen einzelnen Raum eigentlich gar nicht mal sooo klein. Aber wie das so ist: Wenn man erstmal die Stellfläche der diversen Möbel abrechnet, bleibt ja schon mal nur grob die Hälfte an nutzbarer Freifläche übrig – und da ist jetzt schon das Bett mit drin, denn das gehört bei einem Boudoirshooting ja zur nutzbaren Grundfläche dazu ;-). Dann braucht es ja aber noch etwas Platz für die mitgebrachte Kleidung des Models und noch etwas mehr für das mitgebrachte Fotozeugs.

Unterm Strich waren vielleicht 8 oder 9 Quadratmeter Shootingbereich übrig (wieder inklusive Bett). Das ist jetzt echt nicht soooo viel und mehr als einmal hätte ich eigentlich gerne mehr Spielraum für die Positionierung meines Lichtes (oder gar eines zusätzlichen Lichtes) gehabt.

Aber – und das ist das Wichtige: Es ging!

Wir haben selbst auf diesem engen Raum einige schöne Fotos in Szene gesetzt. Klar: großzügige Ganzkörperaufnahmen mit viel negativem Raum – Ideen solcher Art gingen gleich mal über Bord. Angesagt waren eher eng geschnittene Teilaufnahmen oder solche, die das Bett mit einbezogen.

Auch das war nicht immer bequem (also jetzt nicht für Daniela, die vorwiegend gemütlich auf dem Bett lag, sondern eher für mich als Fotograf und Daniela’s Freundin, die ich zum Helfen eingespannt hatte…), insbesondere beim Aufbau des Lichtes nicht, oder wenn man sich auf den verbliebenen 30cm zwischen Bett und Galgenstativ mit Blitzkopf und Softbox durchquetschen musste, um nochmal ein Kissen oder die Decke zurecht zu zuppeln. Aber wir waren ja nicht wegen der Bequemlichkeit dort, sondern wegen der Fotos, die wir machen wollten. Zum Beispiel haben wir das Foto oben gemacht, das zu meinen Favoriten aus dem Shooting zählt, und natürlich auch gleich mal in mein Boudoir-Portfolio gewandert ist.

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Und so sah das Setup für das Foto aus (jetzt weißt Du auch, warum ich fotografiere und nicht male…):

Was die Pose anging war es entscheidend, dass Danielas Po und Rücken unterhalb der Bettdecke mit zusätzlichen Kissen gestützt wurden. Dabei ging es vor allem darum, dass ihr Körper nicht in die Matratze einsank, sondern obenauf bzw. leicht erhöht lag. Dadurch fiel ihr Kopf auf ‘natürliche Weise’ leicht nach hinten (also zu meiner Fotografenposition hin) ab und überstreckte so ganz leicht den Hals. Und das betont dann wunderbar die Kinnlinie und sorgt für einen guten Blickwinkel auf das Gesicht.
Was das Hauptlicht angeht lag das Augenmerk vor allem darauf, es nicht zu hoch zu setzen. Die Softbox, ein 30x140cm großes Striplight mit Wabeneinsatz (eins von diesen hier), war der Lage des Models entsprechend quergestellt und nur leicht höher als Daniela. So erzielte ich die oben ersichtliche Schattenbildung.

Bei höherer Position würden die Schatten weniger stark sein und Danielas Kurven würden weniger gut zur Geltung kommen.

Die Szene diktierte also die Höhe des Blitzes.

Und das wiederum diktierte den Einsatz des Galgenstativs, denn die anderen vor Ort verfügbaren Stative wären schon mit ihrer Mindesthöhe zu hoch gewesen. Mit dem Galgen kann ich ja notfalls bis auf Bodennieau herunter gehen.

Der Einsatz des Galgenstativs wiederum diktierte den Einsatz des “Portys” als dem Blitzlicht der Wahl, denn das Gesicht des kleinen Portykopfes ist doch eine ganze Portion geringer, als das eines klassischen “Monobloc”-Studioblitzes. Und ich war halt zu faul, noch weitere Sandsäcke aus dem Auto zu holen und in das 2. OG zu schleppen. Dank des Porty bin ich mit einem kleinen Sandsack als hängendes Gegengewicht am anderen Galgenende prima ausgekommen.

Das nur mal so als kleines Beispiel dafür, wie ich mich für die Nutzung eines bestimmten Blitzes ganz einfach in Form einer kleinen Domino-Reihe von Wenn-Dann-Beurteilungen anhand der örtlichen Gegebenheiten entscheide.

Soviel also zum Hauptlicht.

Es gab noch eine Aufhellung der Schatten von rechts. Die hat mir allerdings nur sehr wenig Arbeit gemacht, denn sie war quasi in den Raum eingebaut. Wie hierzulande oft üblich waren die (sehr nahegelegenen) Wände nämlich weiß gestrichen und glücklicherweise passte der Grad der Aufhellung gut zum gewünschten Bildergebnis, so dass ich das einfach mal so lassen konnte. Wäre mir das zuviel Aufhellung gewesen, hätte ich zunächst versucht, Daniela inkl. Bett noch ein Stück in Richtung Hauptlicht zu schieben (40cm Spielraum hatte ich ja noch…); notfalls hätte ich rechts neben dem Bett noch meinen schwarzen Molton als Abschatter auf ein Stativ hängen können/müssen. Wahrscheinlich wären dann die Schatten aber wieder zu dunkel geworden und ich hätte doch noch ein “aktives” Aufhellicht von rechts …. ach, egal. War nicht nötig, und das hat mir das Leben bei diesem Set doch sehr einfach gemacht.
Dann noch eine schöne SW-Umwandlung und fertig ist ein tolles Foto, dass ich hier unten noch einmal in voller Schönheit einfügt habe – so ein Beitragsbild ist ja doch irgendwie zwingend immer im Panoramaformat…

Danke, Daniela!

Jahresrückblick 2015

Es hat gar heftig geweihnachtet und der Jahreswechsel steht unmittelbar bevor. Überall sieht man Retrospektiven aus dem Boden schießen, man bekommt sie förmlich aufgedrängt, sie biedern sich an und wollen einen mit aller Gewalt dazu bringen, den Blick zurück zu lenken. Die ganze Timeline in Facebook ist voll mit automatisiert erstellten Jahresrückblicken. Jeder Fernsehsender produziert eine eigene Jahresrückblick-Show, die die mehr oder weniger gleichen Inhalte mehr oder weniger ansprechend zusammenfasst.

Da mache ich natürlich mit.

Denn so ein Rückblick ist ja immer eine fantastische Gelegenheit, die Blog Posts des Jahres nochmal hervorzukramen und zu verlinken.

Ganz ehrlich gesagt finde ich aber sowieso, dass Rückbetrachtung und Reflektion im normalen Alltag eher (zu) wenig Platz haben. Und 2015 war halt ganz schön viel los, auch in Bezug auf meine Fotografie. Als regelmäßiger Leser (bist Du gar nicht? Macht nix, kannst Du ja ändern ;-)) konntest Du das unter anderem daran erkennen, dass es das eine oder andere Zeitloch in meinem Blog gab. Da war ich dann nämlich so sehr mit dem echten Leben beschäftigt, dass für’s regelmäßige Bloggen einfach keine Luft mehr blieb. Das ist zwar schade, war aber nicht zu ändern. Immerhin: der Blog lebt noch, die Ideenliste ist nach wie vor nicht leer, es wird hier also auch in Zukunft immer wieder was zu lesen und zu sehen geben.

Nun aber mal zu meinen fotografischen Treiben 2015, in keiner speziellen, vor allem keiner zeitlichen Reihenfolge:

2015 war Zeit für Neues

2015 habe ich begonnen, mich in einem für mich ganz neuem Metier zu tummeln: dem Bereich der Boudoir-Fotografie. Um gleich „richtig“ (im Sinne von „möglichst produktiv“) einzusteigen, habe für mein erstes Shooting mit Christin auf ein sehr erfahrenes und nett unkompliziertes Model zurückgegriffen. Es war auch tatsächlich ein richtig guter Einstieg. Super nett, professionell und überaus ergebnisreich. Die Investition in das Modelhonorar hat sich meines Erachtens richtig gelohnt. Über den Unterschied zwischen der Atmosphäre des fertigen Foto und der Atmosphäre beim Erstellen der Fotos, der durchaus recht groß sein kann, habe ich in meinem Blogpost „Ich hole dann mal die Handschellen…“ ja schon was geschrieben. Mehr zu diesem Shooting (natürlich auch mehr Bilder…) gibt es also dort.
Und es war in der Tat ein Einstieg in das Thema. Direkt nach den just vergangenen Weihnachtsfeiertagen hatte ich zum Beispiel wieder ein Homeshooting, bei dem es et-was leichter bekleidet zuging. Darüber werde ich sicherlich im neuen Jahr noch einmal berichten.

2015 gab es wieder eine Hochzeit zu fotografieren, nämlich die von Sandra und Markus.

Ein wahnsinnig sympathisches Brautpaar, das ich zunächst für ein Paarshooting im Burgpark Linn vor meiner Kamera hatte – und dann natürlich von morgens bis abends am Tag der Hochzeit selber. Hochzeiten sind ja durchaus anspruchsvoll und anstrengend, aber auch immer eine wunderbare Angelegenheit. Dass ich auf dieser Hochzeit sowohl Gast als auch Fotograf war – das Brautpaar kam aus dem Familienkreis – wird zwar unter Fotografen oft als ‚Problem‘ gehandelt, es war für mich aber vor allem eine tolle Gelegenheit, ein bisschen zu experimentieren. So konnte ich mich zum Beispiel endlich mal in puncto „Backlight“ – also Licht von hinten – beim Tanz des Brautpaares austoben. Hierzu hatte ich mittels Superclamp und Magic Arm einen Blitz an das Lichtstativ des DJ geklemmt (mit dessen Einverständnis natürlich) und einige sehr nette Fotos heraus bekommen. Auch sonst war die Location – die Gaststätte Nordbahnhof in Krefeld – so vielfältig, dass das Brautpaar mit einer reichlichen Auswahl von Fotos in ganz unterschiedlicher Kulisse versorgen konnte. So macht das einfach richtig Spaß!

Familien

Familienshootings sind bei mir ja ein Dauerbrenner.
Das war schon 2014 so, und es hat sich 2015 nicht geändert. Achtmal habe ich in 2015 das Auto vollgeladen und mein Studio bei einer Familie aufgeschlagen oder im Garten (oder am Leuchtturm) Fotos gemacht.

Bei einer Familie war ich gleich dreimal zu Gast: Einmal für ein Outdoor-Pärchenshooting mit noch nicht ganz ausgewachsenem, aber sichtbarem Babybauch, einmal für ein „richtiges“ Babybauchshooting und dann wieder, nachdem der Nachwuchs geschlüpft war. Dieses Babybauchshooting war auch schon einmal Anlass für einen Blog Post, in dem ich die lichtformenden Aspekte einer Zimmertüre dargelegt habe.

Und jedes Shooting war irgendwie anders. Das ist ja das Schöne und Spannende am Konzept der Homeshootings: Man muss immer erst mal schauen, wie die örtlichen Verhältnisse sind und dann das Shooting darauf ausrichten. Zugleich ist so auch garantiert, dass man nicht immer „das gleiche“ Foto macht, in dem nur die Protagonisten ausgetauscht werden.

Wobei es auch Konstanten gab: Die sogenannten Profilmontagen (also, jedenfalls werden diese speziellen Fotoprodukte bei mir so genannt) waren auch 2015 wieder gefragt. Was das ist, und wie ich das so mache hatte ich im Sommer 2014 mal in einer dreiteilige Blogpostreihe beschrieben (hier ist mal der Link zu Teil 1).

Die Profilmontagen haben aber auch Gesellschaft bekommen: Nämlich von der sogenannten Türrahmencollage. DAS war mal so richtig was zum Dazulernen. Vor allem habe ich daraus gelernt, (für mich) neue Ideen erst dann in die Tat umzusetzen, wenn die örtlichen Verhältnisse dafür zumindest halbwegs optimal sind. Nun ja, es hat ja funktioniert und die fertige Collage hängt als hochwertiges und großformatiges Acrylbild im Haus der fotografierten Familie -ein Erfolg war es also auf alle Fälle. Auch dazu – das hast Du Dir sicherlich schon gedacht – gibt es bereits einen Blogpost, in dem ich die Lehren dieses Experiments mal im Detail auseinander gepflückt habe.

Portraits

In 2015 war es mir vergönnt, dann doch auch das eine oder andere Portrait-Shooting zu machen. Darunter fasse ich jetzt mal den bunten Strauß von Einzelportraits (und teilweise Kleingruppenaufnahmen), die ich entweder als Test-/TFP-Shootings mit Hobbymodellen, einem Shooting mit den Handwerkern eines Installateurbetriebs für die Firmen-Website und einer vierköpfigen Gruppe eines Coaching-Teams (ebenfalls für die Firmenwebsite) im Terminkalender stehen hatte.

Das Shooting mit Sandra (unten links im Bild) war zum Beispiel so ein Testshooting, bei dem ich mich unter anderem mal mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinandergesetzt habe, wie man einen wirklich weißen Hintergrund hinbekommt. Hier ist mein Blogpost dazu. Und was für eine wichtige Rolle der Zufall bei diesem Shooting gespielt hat, gibt es hier nachzulesen.

So haben sich jedenfalls im Laufe des Jahres durchaus einige „ganz normale“ Menschen vor meine Kamera begeben und ihr Vertrauen in mich gesetzt. „Ganz normal“ heißt in dem Kontext, dass es eben keine erfahrenen Modelle waren (die natürlich auch im Regelfall ganz normale Menschen sind…), die sich vor der Kamera wohlfühlen und wissen, wie sie sich bestmöglich präsentieren können. Die sind ja in diesem Sinne etwas ‚Besonderes‘. Sondern es waren eben Leute, die selten(st) professionell fotografiert wurden/werden und in diesem Sinne der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung entsprechen. Das hat – neben vielen erfreulich guten Fotos – auch dazu geführt, dass ich mich mit dem Thema „Fotophobie“ auseinandergesetzt habe. Dazu habe ich hier mal einen ausführlichen Blogpost geschrieben, in dem ich unter anderem erzähle, wie ich versucht habe, der Person vor der Kamera vor dem Shooting die Angst zu nehmen und das „Unwohlsein“ zu erleichtern.

Darüber hinaus haben sich hier auch Kontakte zu Hobbymodellen ergeben, die sich gerne für Testshootings zur Verfügung stellen. WIN-WIN-Situation sagt man dazu, glaube ich.

Weiterbildung

Schon 2014 haben wir (also meine Familie und ich) Urlaub an der Ostseeküste gemacht und zwar zufällig in Zingst, und weiterhin gaaaanz zufällig zur Zeit des dortigen großen Fotofestivals. Und weil das so schön war, haben wir das in diesem Jahr gleich nochmal gemacht. Und es war wiederum prachtvoll. Ein schöner Familienurlaub – ein Foto davon steht ganz oben über diesem Blogpost – mit reichlich eingestreuten Ausstellungsbesuchen, abendlichem Spirit-of-Zingst-Schnuppern und natürlich dem Besuch eines Workshops. Wieder (wie schon in 2014) bei Krolop-Gerst, wieder mit großen AHA-Effekten, wieder mit einem tollen Model und wieder mit einer netten abendlichen After-Workshop-Runde an der Sunbounce-Lounge.
Was das Fotofestival in Zingst aus meiner Sicht so ausmacht kannst Du hier nachlesen. Speziell zum Workshop dieses Jahres hatte ich hier ein paar Worte verloren.

Und sonst?

Naja, eigentlich war das ja schon ganz schön reichlich. Daneben gab es noch das eine oder andere technische Spielzeug. Ich habe mir endlich Striplights gekauft (Blogpost) und ich hatte in 2015 die Gelegenheit, eine kleine Nikon-Objektiv-Sammlung aus einem Nachlass aufzukaufen. Davon ist das 16mm Fisheye sicherlich mein Lieblingsob-jektiv. Das Ding macht einfach Spaß und wurde im Sommer an der Nordsee auch reichlichst eingesetzt. Ob ich jetzt mein altes 70-200 VR I oder das hinzugekaufte 70-200 VR II behalte. ist immer noch nicht entschieden. Dafür muss ich mal noch gezielt ein Testshooting ansetzen.

Insgesamt also ein gut gefülltes Jahr, in dem es eine erfreuliche Mischung aus Bewährtem und Neuem gab. Wenn das in 2016 so weitergeht, freue ich mich auf viele nette Fotoshootings und Du kannst Dich auf den einen oder anderen Blogbeitrag freuen.

In diesem Sinne: Komm gut rüber in das neue Jahr. Ich würde mich freuen, Dich nächstes Jahr wieder zu meinen Lesern zählen zu können.

Bis dahin: Alles Gute.

Ich bin einfach nicht fotogen…

Als Fotograf im Privatkundenbereich kennst Du das sicher. Als die Person vor der Kamera mit nur sehr gelegentlichem Kontakt zur Fotografie unter Umständen auch. Nur eben aus unterschiedlichen Blickwinkeln:

Das Unwohlsein oder gar eine gewisse Angst, vor dem gläsernen Ende einer Kamera zu stehen.

Oft äußert sich das ja bloß in einer mehr oder weniger deutlichen Anspannung, die man dann als Fotograf zu überwinden sucht. Manchmal ist da aber mehr. So war das bei meinem Shooting mit dem Team von Entheos-Coaching in meinem Lieblings-Outdoor-Studio, dem Burgpark der Burg Linn. Das Team brauchte Fotos für die Website ihrer neu gegründeten Firma. Der Kontakt kam über eine Freundin aus Schulzeiten zustande, die Teil des Coaching-Teams ist. Diese stand ganz offen dazu, dass sie ein Problem damit hat, fotografiert zu werden. Sie fragte mich, was sie denn tun könne, um ihre “Fotophobie” zu überwinden.

Das hier habe ich ihr dann im Zuge unseres E-Mail-Verkehrs vor dem Shooting geschrieben:

So, nun mal (…) ein paar Worte zum Thema „Unbehagen beim Fotografiert-werden“. Ohne, dass wir jetzt großartig mal darüber gesprochen hätten, warum Du glaubst(!), dass Du ein Problem damit hast, fotografiert zu werden (in Wirklichkeit hast Du da nämlich kein Problem, Du weißt das nur noch nicht…), hier mal ein paar Ansätze und Ideen:

„Ich bin einfach nicht fotogen”

Es gibt ja wirklich viele Leute, die glauben, sie wären nicht „fotogen“ oder sie würden generell auf Fotos nicht gut aussehen. Der Hintergrund dafür – und damit die Lösung – ist eigentlich ganz simpel: Die allermeisten Menschen sind noch nie „fotografiert“, sondern immer nur „geknipst” worden. Deshalb kennen die Leute nur Schnappschüsse von sich selber – nach dem Motto „Schatz, guck doch mal“ – Klack. Und das am besten noch mit einem Weitwinkel aus 15cm Abstand und einem Blitz direkt auf der auf Kamera, frisch nach dem Aufstehen am Montagmorgen in den besten Schlabberklamotten. Das bei solchen Fotoüberfällen nie ein wirklich schmeichelhaftes Foto herauskommt, versteht sich quasi von selbst. Und selbst, wenn man sich sorgfältig gestylt hat – für eine Party zum Beispiel – und damit die Auswahl der Kleidung und die Augenringe des frühen Montagmorgen schon mal kein fotografisches Problem darstellen – kommen eben trotzdem meist nur Schnappschüsse ohne Rücksicht auf die Pose, Haltung, das Licht, die Brennweite etc. zustande.
Und wenn DAS dann der vorherrschende Eindruck ist, den man von sich selbst auf seinen Fotos hat, ist eine gewisses Unbehagen in Sachen Foto völlig verständlich.Die Lösung dafür ist grundsätzlich recht simpel und heißt ganz einfach: Wir lassen uns mit dem Foto ein bißchen Zeit.

  • Zeit für die eigene Vorbereitung in Sachen Kleidung und ggf. Makeup.
  • Zeit, eine geeignete Location aufzusuchen.
  • Zeit, das Licht zu formen und zu optimieren
  • Zeit für Dich zum „Warmwerden”, damit Du Dich ein bißchen an die Situation gewöhnen kannst
  • Zeit für mich, herauszufinden, was für Dich die optimale Haltung ist

Lässt man sich nämlich beim Fotografieren einfach mal ein bißchen Zeit und erarbeitet ein Foto – so wie wir das machen werden – kommen in aller Regel ganz andere Ergebnisse zustande, als man das von den diversen Schnappschüssen gewohnt ist.

Spieglein, Spiegeln…

Ein weiterer Aspekt, warum sich viele Leute auf Fotos „komisch“ vorkommen, ohne dass sie sagen könnten, woran das genau liegt, ist ganz banale Physik: Jeder Mensch kennt sein eigenes Gesicht nur aus dem Spiegel – und deshalb nur als seitenverkehrtes Spiegelbild! Ein Foto zeigt Dich aber stets so, wie der Rest der Welt Dich sieht und entspricht genau deswegen nicht der eigenen Wahrnehmung.
Da kann man ehrlicherweise nix dran machen, denn wenn man das Foto spiegelt, passt es zwar vielleicht besser zur eigenen Wahrnehmung, aber auf einmal findet der Rest der Welt das Foto unter Umständen etwas merkwürdig. Die einzige Hilfe ist, sich diesen Umstand mal vor Augen zu führen, wenn man mal wieder ein Foto von sich selbst sieht, auf dem „irgendetwas merkwürdig ist“.

Fokussierung auf die Kleinigkeiten

Und last but not least sieht man sich selbst viel zu häufig, als dass man bei der Beurteilung des eigenen Aussehens objektiv sein könnte. Das heißt, der Eindruck, den man von sich selber hat, ist nicht mehr vom objektiv vorhandenen, allgemeinen Gesamteindruck geprägt, sondern vielmehr von den paar Details, die einen selber an sich stören. Man macht sein Bild von sich selbst meist an irgendwelchen „störenden“ Kleinigkeiten fest, die unser Umfeld im Zweifel überhaupt gar nicht wahrnimmt oder völlig anders gewichtet.
Hierzu hat die Firma Dove mal ein nettes Video veröffentlicht, dass – unabhängig davon, ob das dort gezeigte Experiment nun tatsächlich so stattgefunden hat oder nicht – mal eine ziemlich eindeutige und wahre Nachricht transportiert.

Was ist zu tun?

Du hast mich gefragt, was Du tun könntest, um Deine „Fotophobie“ zu überwinden. Nun, das Wesentlichste tust Du schon: Du vertraust mir. Das ist schon mal eine geniale Grundvoraussetzung, denn Du weißt, dass da hinter diesem schwarzen Kasten jemand ist, der keinen Mist mit Deinen Fotos anstellt und der auf Dich acht gibt.Versuche bitte nicht mit aller Gewalt, auf den Punkt genau „entspannt zu sein“, das wird nicht funktionieren. Versuche eher entspannte Rahmenbedingungen für den Termin zu schaffen, damit Du nicht schon von allen möglichen anderen Einflüssen her völlig angenervt bist. Alles andere ist eine Frage der Zeit und Ruhe beim Shooting selber. Wir kriegen das schon hin!

Liebe Grüße,

Nach der Antwort auf diese E-Mail zu schließen hat das schon mal eine ganze Ecke weitergeholfen, die Perspektive auf das anstehende Fotoshooting zu korrigieren. Natürlich war es für meine Freundin immer noch mit Überwindung verbunden, tatsächlich vor die Kamera zu treten, aber am Ende hat sie es mit Bravour geschafft und wirkte dabei auch durchaus entspannt.

Ich habe sie dann nach dem Fotoshooting mal ein bißchen mit Fragen zu dem Thema behelligt. Ich wollte von ihr vor allem wissen, was ihr geholfen hat, sich vor die Kamera zu trauen. Daraufhin schrieb sie mir, dass ihr in allererster Linie das Wissen geholfen habe, dass sie mir vertrauen konnte. Und dass meine Anleitungen in Sachen Posing und Haltung dazu beigetragen hätten, das Vertrauen in meine Fähigkeiten als Fotograf zu stärken. Weiterhin sei hilfreich gewesen, dass wir mit einem Gruppenbild mit dem ganzen Entheos-Team angefangen hätten.

Am Ende war es also zu einem guten Teil die alte Verbundenheit aus Schulzeiten, die sie von vornherein mit einem guten Maß an Vertrauen in mich ausgestattet haben. Diese Startsituation hat man ja nun als Fotograf nicht immer, sondern dahin muss man im Zweifel erstmal im Zuge der ersten Kontaktaufnahmen kommen. Das allein wäre aber natürlich dann nicht ausreichend gewesen, wenn ich nicht beim Shooting selber sehr achtsam gewesen wäre, was und wie ich Ideen und Hinweise für das Posing kommuniziert habe. Am Ende ist das also keine Magie, sondern einfach nur ein bißchen Einfühlungsvermögen und das Bewußtsein, dass sich der Mensch vor der Kamera in einer sehr ungewohnten und verletzlichen Position befindet.

Im Prinzip bin ich damit also thematisch wieder bei diesem Blogpost hier, wo ich mich ein bißchen dazu ausgelassen hatte, wie wichtig die Verbindung zwischen dem Mensch vor und dem Mensch hinter der Kamera ist.

 

Ganz besonders gefreut hat mich ihre Antwort auf die folgende Frage, da hatte ich ehrlich gesagt, ein kleines Tränchen der Rührung im Auge:

 

Q.     Nach 2 Wochen hast Du die Fotos das erste Mal gesehen. Wie war Deine Reaktion?

 

A.      Erst war ich freudig gespannt. Als sie dann da waren hatte ich kurzen Anflug von Panik, ob ich wieder so vollkommen andere Bilder vor meinem geistigen Auge haben werde und: Was mache ich, wenn meine Bilder gruselig sind und sie aber auf die (Web-)Seite müssen? Nach dem Öffnen der Datei hab ich mich dann einfach nur noch gefreut!   Nicht nur über meine Bilder, auch über die Bilder der anderen und der Kinder. Ich habe alle Menschen darauf erkannt, also ich meine in Ihrer Energie und Ausstrahlung. Die Bilder sind „wahr“, so hat es sich angefühlt, das habe ich auch gesehen. Verstehst Du, was ich meine? Es geht mir dabei nicht um schön im Sinne der Schönheitsstandards. Ich kann visuell wahrnehmen, welche Energie die Menschen ausstrahlen, dass sie sich wohlfühlen, Spass haben und eine positive Stimmung herrscht.  Wobei ich grade denke, es muss gar nicht nur positiv sein, aber eben authentisch! Ja, ich denke, dass beschreibt es am besten. Das Gesicht und die Körperhaltung, passen zu dem was da aus den Augen kommt.

 

Mission erfolgreich, würde ich dazu mal sagen. Ein größeres Lob kann man wohl als Portrait-Fotograf nicht bekommen. Danke!So, das war jetzt irgendwie wieder ein ziemlich langer Blogpost. Ich hoffe er kann Dir (als Fotograf/in) eine Hilfe im Bekämpfen der Ängste und Sorgen Deiner Kunden sein. Und ich hoffe er kann Dir (als Kunde eines Fotografen) schon mal die eine oder andere Sorge erleichtern oder gar nehmen. Deine Erfahrungen in diesem Zusammenhang würden mich sehr interessieren. Schreib mir doch mal, wie Du (als Fotograf/in) erfolgreich einen Kunden mit Fotophobie ‘behandelt’ hast. Oder wie Du (als Fotografierte(r)) gute oder schlechte Erfahrungen im Umgang mit Deinen Sorgen gemacht hast.

 

Bis bald!

Was wirklich zählt…

Ich schreibe hier ja oft darüber, WIE ich ein bestimmtes Foto gemacht habe. Also, welches Licht aus welcher Richtung, aus welchem technischen Hintergrund heraus, etc. pp..

Das ist auch sicherlich für einige nicht uninteressant (hoffe ich jedenfalls), denn dabei trete ich ja auch immer mal wieder meine Fehlentscheidungen breit. Oder erzähle von den Stellen, wo die Wirklichkeit meinen fotografischen Plänen aber mal ganz fies die Zunge heraus gestreckt hat, und dann spontan der fotografische Masterplan umgestrickt werden musste.

Wie auch immer: Vorwiegend geht es dabei um ‘fotografische Technik’. Die ist hier und heute aber mal ganz still und nicht gemeint. Daher:

zählt nix, ist nur technisches Geraffel

DENN was ist natürlich noch viel wichtiger als der Technikkram?
Na klar:

Der MENSCH vor meiner Kamera und meine VERBINDUNG zu ihm.

Die besten Fotos eines Menschen – und eben nicht nur seiner äußeren Hülle – entstehen immer dann, wenn ‘die Chemie stimmt’, also wenn Fotograf und Fotografierte(r) eine Verbindung miteinander haben, wenn Vertrauen da ist, wenn die Kamera nicht der dicke, schwarze Klotz ist, der unweigerlich zwischen Model und Fotograf steht und die Kommunikation behindert.

Denn die Menschen vor meiner Kamera begeben sich ja in eine sehr verwundbare Situation. Sie sehen nicht, was ich sehe. Sie wissen nicht,
dass und wie mein Licht die mit nacktem Auge sichtbare Situation verändert. Die Umsetzung mancher Posingtipps fühlt sich unter Umständen ganz merkwürdig an, ohne dass der Mensch vor der Kamera selber sehen kann, dass das aber gut aussieht.

Als Fotografen verlangen wir also von den Menschen, die wir fotografieren, ganz schön viel Vertrauen in uns und unsere merkwürdigen Ideen und Anweisungen. Und wir verlangen, dass sie die Schutzwände, die jeder Mensch um sein Innerstes gebaut hat, wenigstens ein bißchen einreißen, damit wir dann den “echten Menschen” fotografieren können.

Eine gewisse Zurückhaltung ist also insbesondere bei Menschen, die nicht oft fotografiert werden, absolut nicht überraschend. Diese Zurückhaltung im Laufe eines Fotoshootings zu überwinden und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen ist meines Erachtens die größte Hürde, die es in der Fotografie von Menschen zu überwinden gilt.

Ob ich das immer schaffe? Oft ja, aber eben leider nicht immer. Manchmal scheitert es ganz einfach am Faktor Zeit. Je nach Persönlichkeitstyp braucht es einfach etwas Zeit, um das nötige Vertrauensverhältnis wachsen zu lassen. Und diese Zeit hat man nicht unbedingt immer. Denk zum Beispiel mal an eine Hochzeit. Klar, Braut und Bräutigam lernen mich vor der Hochzeit ein wenig kennen und sind am Tag der Hochzeit selber sowieso emotional im Ausnahmezustand (hoffentlich jedenfalls…). Da hatte ich bisher eher weniger Probleme. Aber die diversen Freunde und Familienmitglieder des Brautpaares, die auch mal vor die Kameralinse geraten? Zeit, zu jedem Einzelnen eine Vertrauensbasis aufzubauen hat man jetzt auf einer Hochzeit mal eher nicht.

Im Fall eines “ganz normalen” Einzelshootings mit Erwachsenen aber gelingt es eigentlich fast immer, ein ausreichendes Vertrauensverhältnis aufzubauen, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt. Am besten vorher schon so gut wie möglich miteinander bekannt machen, und dadurch versuchen, so früh wie möglich mit der Bildung eines Vertrauensverhältnisses zu beginnen. Insofern ist die Zeit VOR dem Shooting eine ziemlich wichtige, und genau deshalb ist der Schnack beim Kaffee vor dem Shooting so bedeutend.

Und wenn ich dann beim einleitenden Schnack den Grundstein zu einer Vertauensbasis gelegt habe, muss ich beim Shooting selber natürlich darauf weiter aufbauen. Das heißt insbesondere, dass ich alles tun muss, um die Person vor der Kamera in seiner/ihrer Situation zu beschützen und nicht alleine zu lassen. Zum Beispiel kann ich nicht einfach wortlos die Kamera auf ihn oder sie richten, ein paar Fotos machen und ebenso wortlos (am besten noch kopfschüttelnd) auf das Kameradisplay schauen oder am Licht rumfummeln.

Da gilt die ewige Weisheit:

REDEN HILFT.

Wenn Du noch Testfotos machst, um Dein Licht einzurichten, sag das. Wenn Du mit einem Foto nicht zufrieden bist, weil das Licht nicht perfekt ist, sag, dass das Foto schon ganz klasse ist, Du jetzt aber noch das Licht optimierst, um das Tüpfelchen auf dem “i” hinzukriegen. Denn wenn Du einfach nur die Stirn in Falten legst oder den Kopf schüttelst, bezieht der Mensch vor der Kamera das natürlich gleich auf sich und wird verunsichert. Und wenn Du mit einem Foto nicht zufrieden bist, weil die Pose unvorteilhaft ist, sei trotzdem begeistert von dem Foto. Und dann schlägst Du einfach vor, vielleicht noch eine andere Pose auszuprobieren… 😉

Du musst übrigens auch immer “echt” sein – so jedenfalls meine Meinung. Ich habe nämlich beim Fotografieren den Kopf absolut voll mit Mensch, Pose, Zeitplan, Fototechnik und was auch immer zum Fotografieren noch dazugehört. Da können sich meine drei armen Synapsen nicht auch noch damit beschäftigen, z.B. das Bild eines obercoolen Jet-Set-Fotografen zu projezieren.
Ich bin ich.
Und entweder, mein Kunde und ich passen irgendwie zusammen oder eben nicht. Im letzteren Fall ist es dann einfach nicht mein Kunde. Gut, wenn man das erst beim Shooting selber feststellt, muss man da irgendwie durch, das hilft dann alles nichts. Aber in der Regel stellt sich sowas ja bei den Kontakten im Vorfeld zu einem Fotoshooting heraus.

Manchmal bekommt man von erfahrenen Fotografen ja auch als Tipp mit auf den Weg gegeben, dass man den Mensch vor der Kamera bloß nicht mitbekommen lassen soll, wenn man als Fotograf an irgendeiner Stelle das Foto vergeigt hat – Fokus sitzt nicht, Blitzauslöser vergessen, Objektivdeckel noch drauf etc. (Nein, dass ist MIR natürlich alles noch nicht passiert! Hab ich nur mal von gelesen….. *Hust*). Das mag in bestimmten Anwendungsbereichen auch seine Berechtigung haben. Etwa, wenn man mit Supermodels, hochrangigen Politikern oder Stars zu tun hat, die allesamt einen straffen Zeitplan haben und ihre Zeit absolut effizient genutzt wissen wollen. Da kann ich dann verstehen, dass man sich als Fotograf absolut keine Blöße geben möchte. (Andererseits: Technische Pannen und blöde Fehler sollten einem in dem Metier sowieso nicht unterlaufen – da muss dann einfach alles bis zum Eintreffen der Person eingerichtet und dreifach getestet sein)

Aber im Privatkundengeschäft oder beim Zusammentreffen mit “Spaß-an-der-Freude-Models”? Da finde ich es eher sympathisch und ehrlich, zu seinen Fehlern zu stehen. Jedenfalls, solange man nicht einen Klopper nach dem nächsten bringt. Das wäre dann doch irgendwann einfach nur peinlich. Aber auch dann sollte man nicht vorrangig an den besten Vertuschungstechniken für die eigenen Fehler feilen, sondern daran, die Fehlerquote zu senken ;-).

So, worum ging es jetzt eigentlich?

Um den Mensch VOR der Kamera. Der muss sich möglichst wohlfühlen.
Denn sonst fotografierst Du oft nur eine Show-Oberfläche, aber eben nicht den Mensch darunter.

100% Model-Fotografie – Ein Workshopbericht aus Zingst

Moin. Vor ein paar Tagen hatte ich ja schon berichtet, dass es mich kürzlich nach Zingst auf das Umweltfotofestival verschlagen hatte. Dort habe ich einen zweitägigen Workshop von Martin Krolop, oder besser: dem Krolop-Gerst-Team, besucht.
Wie es war? Mit einem Wort: Klasse. Grandios. Lehrreich. Spaßig. OK, das waren jetzt vier Wörter. Und damit Du genau weisst, warum ich so begeistert war, werde ich hier mal ein bißchen ausholen:

Warum eigentlich genau dieser Workshop?

Von Beginn an war für mich klar, dass ich in Zingst ein oder zwei Workshops zum Thema “Menschenfotografie” besuchen wollte. Landchaftsfotografie betreibe ich im Urlaub und bei anderen seltenen Gelegenheiten zwar auch mal, aber das ist bei mir sowieso eher eine Nischen-Angelegenheit, in der ich für mich auch keinen Workshop-Bedarf sehe. Aber für Tipps und Tricks erfahrener Fotografen bei der Fotografie von Mitmenschen bin ich immer zu haben. Also lag mein Fokus auf  Menschenfotografie-Workshops.

Den Workshop “100% Model-Fotografie” habe ich mir letztlich ausgesucht,

  • weil hier die Teilnehmerzahl auf angenehm überschaubare 12 Personen begrenzt war, und daher der persönliche Kontakt mit dem Dozenten und die eigenen Praxisphasen im Zweifel zahlreicher/tiefgehender/intensiver sein würden, als bei einem Workshop mit 25 Teilnehmern und
  • weil ich mir im Gegensatz zu einem eintägigen Workshop einen verbesserten Lerneffekt durch das Sichten der Ergebnisse des ersten Tages und die Umsetzung des einen oder anderen Tipps vom Vortag am Tag 2 versprach.

Naja, und schon auch weil hier das Preis-Leistungsverhältnis echt gut war. Also, aus Teilnehmersicht betrachtet.
Und so wurden jedenfalls aus den geplanten “ein oder zwei Workshops” “ein zweitägiger” Workshop.

Und wie war es nun?

Nun, meine Erwartungen an den Infogehalt und die Menge der Tipps, die ich für mich mitnehmen würde, wurden absolut übertroffen. Der Titel des Workshops war wirklich treffend gewählt, weil Martin tatsächlich aus allen Bereichen, die mit dem Fotografieren eines Menschen/Models zu tun haben, zahlreiche Tipps und Tricks zum Besten gab.
Da waren viele grundlegende Themen dabei, über die man(n) sich vielleicht bisher gar keine großen Gedanken gemacht hat, das aber vielleicht besser mal ändern sollte.

So war zum Beispiel der Bereich “Kommunikation mit dem Model” ein ganz großes Thema, und zwar nicht nur was die offenkundige, verbale Kommunikation anging. Martin regte insbesondere anhand verschiedener Beispiele auch schwerstens zum Nachdenken darüber an, wie die eigenen Äußerungen sowie Mimik und Gestik während des Fotografierens beim Model aufgenommen werden – ein bißchen Shootingpsyschologie sozusagen.

Dazu mal ein kleines Beispiel:
Ich hatte die Ehre, im Zuge einer Blitzlichtdemonstration auf den Auslöser zu hauen und ein prächtig überbelichtetes Foto von Testmodel Martin zu machen. Später dann wurden die Einstellungen korrigiert und ich löste noch einmal aus.
Was antwortete ich auf Martin’s Frage, wie es nun aussehe? Na klar: “Besser.”  Und das war ja auch objektiv richtig, das Foto war (deutlich) besser (belichtet) als das vorhergehende.

Was aber – so Martin’s dezenter Hinweis – kommt bei einem Model an, dem man nur ein knappes “Besser!” um die Ohren haut?
Ganz einfach: “Es mag zwar besser sein, sieht aber immer noch k#cke aus.”

Lerneffekt eingetreten.

Solcherlei Tipps gab es an allen Ecken und Enden, und gerade dieser Themenbereich war für mich echt der interessanteste und wichtigste. Denn wenn aufgrund von Patzern im Umgang die Kommunikation und Chemie beim Shooting nicht stimmt, nutzt auch die ausgefeilteste Kamera- und Lichttechnik nichts. Dann werden die Bilder einfach nicht so gut, wie sie hätten sein können. Ein technisch nicht optimal belichtetes Foto kann man im Zweifel in der Nachbearbeitung retten.
Den Ausdruck des Models aber nicht!
Natürlich gab es auf dem Workshop auch Tipps zur Lichtsetzung in reichlicher Fülle. Zum Beispiel demonstrierte Martin eindrucksvoll, dass der Grundsatz “Viel hilft viel” nicht immer der maßgebliche Leitspruch beim Fotografieren ist. Anders ausgedrückt: Wenn mein Motiv schon zu 90% vom Umgebungslicht gut ausgeleuchtet ist, muss ich nicht noch 120% Licht durch einen Blitz oder einen in die pralle Sonne gehaltenen Silberreflektor dazu geben.
Es reicht, wenn ich dezent und zielgerichtet nur die fehlenden 10% ergänze. Zum Beispiel in Form einer weißen Reflektorbespannung, die einfach direkt auf den Tisch vor das Model gelegt wird und noch nicht mal direkte Sonneneinstrahlung abbekommt. Erstaunlich, was das bißchen zusätzliche Aufhellung für einen Unterschied macht!

Nur muss man dazu eben auch mal genau hinschauen und

  • sich bewußt sein, was für ein Motiv man vor sich hat und welches Licht hierfür angemessen ist,
  • erkennen, wieviel von dem gewünschten Licht vielleicht bereits da ist und ob es an der richtigen Stelle sitzt,
  • und dann eben mit Augenmaß(!) Licht hinzufügen.

Ach noch was: Zum “Hinschauen” muss man natürlich was sehen können. Das klingt jetzt ein ganz kleines bißchen banal. Aber es klingelt vielleicht bei Dir, wenn ich die Stichworte “Kameradisplay” und “Sonnenschein” einwerfe? Wobei ja eigentlich schon “Kameradisplay” und “draußen sein” reicht. Denn selbst ohne direkte Sonneneinstrahlung sieht man an der frischen Luft nicht mehr ganz genau, was das Kameradisplay da gerade anzeigt. Jedenfalls dann, wenn man erkennen möchte, wie die eigene Kamera Lichtnuancen verarbeitet. Deshalb war natürlich auch das wichtigste Stück Ausstattung bei einem Outdoorshooting wieder ein Thema, das Martin angerissen hat: die Displaylupe, aka Viewfinder. Dazu hatte ich hier vor einiger Zeit auch schon mal was geschrieben.

Auch Martins Grundansatz, Probleme zu vermeiden statt Probleme zu lösen, war so ein eigentlich ganz einfacher aber wesentlicher Punkt, den man sich am besten ins Gehirn brennen sollte. Denn wer hat das nicht schon mal erlebt, dass man sich in einer Shooting-Situation befand, die nicht optimal war, und die sich auch nicht über noch ‘nen Reflektor und noch ‘nen Blitz und dann noch dies und dann noch das optimieren ließ.
Vielleicht wäre also die Lösung gewesen, sich einfach mal umzudrehen und die ganze Situation zu verändern, so dass das Problem, das man eben noch lösen wollte, gar nicht erst auftritt? Und solltest Du Dich fragen, wo denn der Unterschied zwischen Problemvermeidung und Problemlösung ist, empfehle ich in der Tat, mal einen Workshop bei Martin besuchen. Das heißt, empfehlen kann ich so einen Workshopbesuch bei Krolop-Gerst sowieso aus voller Überzeugung, aber in diesem Fall eben erst recht.
Bildverwaltung und Bildbearbeitung war dann auch noch Teil des Workshops, auch hier gab es einige sehr interessante Tipps und einen “HandvordieStirnschlag”-Moment. Als nämlich Martin seine Methode der doppelt selektiven Bildbearbeitung vorstellte und den Grund dafür nannte: nämlich, dass im Zweifel kein Foto die gleiche Bearbeitung (z.B. Belichtung hochziehen) an allen Stellen braucht, sondern stattdessen lokale und zielgerichtete Korrekturen einzelner Bildbereiche vorgenommen werden.
In dem Moment, wo er das aussprach und zeigte, war die Methode sowas von logisch und einleuchtend, dass man sich fragt, warum man darauf nicht schon lange selbst gekommen ist. Und die wenig schmeichelhafte Antwort auf diese Frage kann ja leider nur lauten, das man wohl das Gehirn wohl einfach mal nicht eingeschaltet oder den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hat.

Wurde denn eigentlich bei so vielen Themen auch fotografiert?

Was heißt hier “so viele Themen”? Das war doch immer noch nur ein Ausschnitt. Meine Mindmap über die Erkenntnisse aus dem Workshop hat 6 Hauptzweige und lockere 40 Einzelpunkte.
Aber um die Frage zu beantworten: Na klar, sogar reichlich. Vieles wurde ja auch bei der laufenden Vorbereitung der jeweiligen Foto-sets gezeigt und erklärt.
Krolop-Gerst hatten Annetta als Model engagiert, die die ganze Zeit über mit guter Laune, freundlichstem Umgang und Arbeitseifer den auf Workshops üblichen beständigen Fotografenwechsel meisterte und die eher früh-frühlingshaften und weniger sommerlichen Temperaturen auch mit leichterer Bekleidung ertrug.
Die Shootingphasen waren so organisiert, dass wir Workshopteilnehmer Annetta nacheinander im zuvor erläuterten und aufgebauten Setup fotografierten. Der jeweils Fotografierende wurde dabei unter die Fittiche von Marc Gerst genommen, der Tipps gab, wie und was man verbessern könnte.
Hier hatte ich auch wieder so ein persönliches AHA!-Erlebnis, als Marc mich beim ersten Set nach kurzer Zeit dazu anhielt, selber ‘statischer’ zu werden, also meine Position nicht so viel zu verändern. Ich sollte vielmehr eine Position einnehmen und aus der heraus eine Zeitlang fotografieren. So würde ich mich besser auf die ganz konkrete Situation einstellen und besser auf Annetta achten können, was den Ergebnissen gut tun werde.
Und was soll ich sagen: Bei der abendlichen Bildkontrolle am Rechner sieht hat man in der Rasteransicht in Lightroom einen klaren Cut an genau dieser Stelle. Danke, Marc!

Während also ein Teilnehmer fotografierte, hielt der Rest der Truppe etwas Abstand vom Foto-Set und hatte Pause. Das heißt, “Pause” ist hier eigentlich nicht der richtige Begriff, denn die Zeit wurde natürlich genutzt, um Martin mit Fragen zu löchern, oder den Fragen anderer Teilnehmer an Martin interessiert zuzuhören, oder mit anderen Teilnehmern zu quatschen und Erfahrungen oder Blödsinn auszutauschen. Diese “Wartezeit” war jedenfalls alles andere als “Leerlauf”.

Playmate Annetta Negare photographed at a Workshop in Zingst

Und lustig war es in der Zeit allemal. Insbesondere, wenn das Foto-Set samt Model in Hotpants und Karo-Bluse (also durchaus vollständig aber eben dezent knapp bekleidet) mitten in der City of Zingst aufgeschlagen wird und ganze Busladungen urlaubernder Mitmenschen vorbeikommen, die gerne auch mal das Erwerbsleben altersbedingt deutlich hinter sich gelassen haben. Da könnte man anschließend schon eine kleine Gesellschaftsstudie schreiben… Grob zusammengefasst würde der Tenor wohl lauten, dass die Herren sich generell weltoffen und an ihrer Umwelt interessiert zeigten, während die zugehörigen Damen eher den ursprünglich anvisierten Zwecks ihrer Reise zielstrebig weiter verfolgten und sich gegenüber ihren Ehemännern zum Teil recht mitreißend verhielten…

Sonst noch was?

Die Disziplin in der Gruppe war aus meiner Sicht übrigens sehr gut. OK, Martin hatte gleich zu Beginn ja auch klare Worte gesprochen und mit Rauswurf gedroht, sollte jemand nicht den (eigentlich selbstverständlichen) Anstand besitzen und mitfotografieren, während eigentlich gerade ein anderer Teilnehmer dran ist. Schade, dass solche Hinweise offenbar nötig sind – bei dieser Gruppe war nach meiner Wahrnehmung aber insoweit alles im Lot.
Abschließend erwähnenswert wäre noch, dass sich ein kleines Trüppchen Workshopteilnehmer abends an der Strandbar Tschuldigung: der Sunbounce-Lounge natürlich! getroffen hat und die netten Pläuschchen dort weitergeführt wurden. Eigentlich ist es ja mit der nötigen Schlafenszeit eines Familienvaters mit kleinen und teilweise sehr früh aufstehenden Kindern nur bedingt vereinbar, sich abends aus der Bar kehren zu lassen und dann das letzte Bier noch in Ruhe am Stehtisch vor der Bar auszutrinken oder zu der dann nächstgelegenen bewirtschafteten Sitzgelegenheit umzuziehen. Aber was will man machen, wenn’s halt grad so interessant und/oder lustig ist…

Das Resümee

Wenn Du Dich für Menschenfotografie interessierst und einen Workshop randvoll mit wertvollen, unverwässerten und klaren Ansichten und Einsichten besuchen möchtest, besuch mal einen Workshop von Krolop-Gerst. Und wenn Du das in Zingst auf dem Fotofestival erledigst, bekommst Du eine gehörige Portion des “Spirit of Zingst” obendrauf.

Beides absolut empfehlenswert!!