ein ‘einfaches’ Business-Portrait

Willkommen zurück.

Kürzlich war mein Freund und Fotobuddy Thorsten bei mir, weil er ein aktuelles Portrait brauchte. Und wie das dann so ist haben wir durchgeschaut, welchen Bildstil er denn gerne hätte, das entsprechende Setup aufgebaut und das Foto gemacht. Siehe oben.

Das eigentliche Shooting dauerte ganz genau 10 Minuten. Anhand der Metadaten der Fotos kann man das ja bestens nachvollziehen: Das erste “richtige” Foto – sprich das erste Foto nach den letzten Finessen in Sachen Lichteinstellung – habe ich um 21:10 Uhr geschossen und das letzte um 21:19 Uhr.

Toll. Also bloß 10 Minuten für ein gutes Business-Portrait. 
Das ist mal Geschwindigkeit.

Jaaaa…….. ähm, ….. also: NEIN. Nicht ganz. Denn jetzt kommt mal die Rahmenhandlung dazu. Das allererste Kontrollfoto vom Lichteinrichten datiert auf 20:27 Uhr.

Rechenpause…… 

Genau. Macht unterm Strich 43 Minuten Lichtaufbau (Stative hinstellen, Blitze startklar machen und draufsetzen) und Lichteinrichtung (Blitze ausrichten, Leistung einstellen, kontrollieren)

Uups. Wie kommt das denn? Ist doch nur ein einfaches Portrait. Oder etwa nicht?

Eben: Etwa nicht.

Vielleicht hast Du es dem Foto schon angesehen, aber falls nicht: Hier sind vier Leuchten am Werk. Ein Hauptlicht von halb rechts, ein Aufhelllicht, ein Streiflicht von hinten links und ein Spot für den Helligkeitsverlauf auf dem Hintergrund. Und das musste auf relativ engem Raum aufgebaut und eingerichtet werden. Hier mal eine kleine Skizze zum Foto:


Nun muss ich zu meiner Ehrenrettung allerdings sagen, dass wir uns natürlich nicht gerade abgehetzt haben. Wir sind ja beide Fotofreaks und deshalb gehörte das Feilen am Lichtsetup auch mal ganz einfach zum geplanten Abendprogramm. Wir haben zum Beispiel viel Zeit auf den Spot für den Hintergrund verwendet. Da haben wir verschiedene Standorte des Blitzes ausprobiert und mit der Stärke der Wabe herumgespielt, einfach um mal zu sehen, die sich der Lichtspot auf dem Hintergrund verändert.

Bei konzentriertem Arbeiten würde so ein Setup inklusive Aufbau der Leuchten vermutlich in der Hälfte der Zeit stehen. In einem Studio mit a) Platz und b) griffbereit aufgebauten Leuchten geht es noch schneller.

Hier und heute geht es mir aber einfach mal um die visuelle Verdeutlichung meiner Worte aus meinem kürzlich erschienenen Blogpost hier “Mach Dir aber bloß nicht so viel Arbeit“. Darin hatte ich angedeutet, dass auch ein ‘einfaches’ Portrait mitunter eben einen gewissen Mindestaufwand bedeutet. Jedenfalls dann, wenn man es “richtig” machen möchte.

Und das hier ist ja so ein ‘einfaches’ Portrait, dem ein fotografisch unbefangener Mitmensch den dahinter stehenden Aufwand wahrscheinlich nicht ansieht. Also: Quod erat demonstrandum.

die Streulichtblende

Die Streulichtblende, auch bekannt als “Gegenlichtblende” (kurz: GeLi), auch bekannt als Sonnenblende. Dieses topf- oder tulpenförmig geformte Plastikdings am vorderen Ende des Objektivs. Vielen (wenn nicht den meisten) Objektiven liegt sie beim Kauf bei.

Dem Einen oder der Anderen scheint aber deren Nutzen nicht so ganz klar zu sein: Spätestens an der nächstgelegenen Touristenattraktion, wo man ja typischerweise zu Hauf auf gezückte Fotoapparate trifft, sehe ich immer mal wieder jemanden, der die Blende verkehrt herum – also in ‘Transportposition’ – auf dem Objektiv sitzen hat und dennoch fröhlich Fotos schießt.

Auch wenn mir das persönlich im Zweifel egal sein kann, und egal, ob es bei den jeweiligen Lichtverhältnissen vielleicht gar keinen Unterschied macht: Irgendwie kribbelt es dann in meinem Nacken. Schon allein deshalb hätte ich doch eine inständige Bitte an den Rest der Welt: BITTE setzt die GeLi entweder RICHTIG HERUM auf das Objektiv oder nehmt sie ganz ab.

Was macht das Ding denn eigentlich?

Naja, grundsätzlich soll so eine Streulichtblende verhindern, dass Licht – egal, ob Sonnenlicht oder das einer künstlichen Lichtquelle – direkt auf die Frontlinse trifft. Denn das führt in aller Regel zu Kontrastminderungen und/oder Flares.

Ja, ich weiß, es ist im Moment in einem Teilbereich der Portraitfotografie ziemlich in, diesen kontrastarmen Look absichtlich zu erzeugen. In diesen Fällen benutzt man im Zweifel auch absichtlich einfachere Objektive, weil eben deren Linsen nicht so toll vergütet und daher anfälliger für Flares sind. Man kann sogar mit viel Aufwand erstellte “Flare-Pakete” kaufen, und die Flares per Photoshop dem Bild hinzufügen, wenn die eigenen Objektive für diesen Look einfach zu gut sind..

Aber das ist eben ein Teilbereich der Fotografie. Und wie immer kann nicht von einem Teil auf das Ganze schließen, denn das ist eben ein künstlerisches und damit höchst individuelles Thema.

Aber mal davon ausgehend, dass ich eine Person, eine Landschaft oder ein touristisches Ziel in bestmöglicher Klarheit fotografieren möchte, steht – denke ich – außer Frage, dass eine Streulichtblende (richtig herum auf’s Objektiv gesetzt) generell eine sinnvolle Sache ist. Und die zwei Sekunden Zeit, die es braucht, um die Streulichtblende richtig herum zu drehen, sollte man doch im Regelfall haben. Bitte!

Ohne Streulichtblende zu fotografieren kann aber auch mal sinnvoll sein.

Warum? Darum:

Wie Du in den Vergleichsbildern siehst, kann so eine Streulichtblende ein Objektiv unter Umständen optisch gewaltig vergrößern. Und wenn Du Menschen vor der Kamera hast, die sich vielleicht sowieso ein wenig unwohl in ihrer Rolle fühlen, ist es durchaus sinnvoll, die Kamera optisch nicht noch durch eine Streulichtblende zu vergrößern und damit noch ‘bedrohlicher’ zu machen. In solchen Fällen habe ich in der Regel auch keinen Batteriegriff an der Kamera und nehme auch nicht das hier abgebildete 70-200, sondern vielleicht eine 50er oder 85er Festbrennweite. Alles, um die ‘Bedrohlichkeit’ der Kamera wirklich kleinstmöglich zu halten.

Immer dann also, wenn man möglichst nicht “professionell” aussehen möchte, oder/und besondere Rücksicht auf die Menschen vor der Kamera nehmen möchte/muss, ist es sinnvoll, die Streulichtblende gleich mal zu Hause oder in der Tasche zu lassen.

Aber eben “weglassen”, und nicht in Transportposition auf dem Objektiv stecken lassen, so dass man kaum noch an den Zoom- oder Fokusring kommt. Denn das ist a) unpraktisch und b) sieht es *Hust* aus.

Also, ein kleines visuelles Fazit:

Alles klar? Schön. Und immer daran denken: fleißiges Teilen ergibt gutes Karma ;-).

Bis bald.

Platz ist in der kleinsten Hütte…

So oder so ähnlich lautete der Untertitel des letzten Homeshootings im gerade erst vergangenen Jahr 2015. Ich hatte mich mit Daniela zu einem Boudoirshooting verabredet, und zwar in der Wohnung einer Freundin von ihr. Daniela schrieb mir vorher, das die Wohnung nicht sehr groß sei, sondern ein rund 30qm großes Einraum-Apartment. Auch ein Handyfoto fand vorab den Weg zu mir. Ich hatte also eine grobe Idee, in welchen räumlichen Verhältnissen das Shooting stattfinden würde.

Als ich dann das Apartment betrat, habe ich dennoch (rein innerlich natürlich) erstmal geschluckt. 30 Quadratmeter ist als Grundfläche für einen einzelnen Raum eigentlich gar nicht mal sooo klein. Aber wie das so ist: Wenn man erstmal die Stellfläche der diversen Möbel abrechnet, bleibt ja schon mal nur grob die Hälfte an nutzbarer Freifläche übrig – und da ist jetzt schon das Bett mit drin, denn das gehört bei einem Boudoirshooting ja zur nutzbaren Grundfläche dazu ;-). Dann braucht es ja aber noch etwas Platz für die mitgebrachte Kleidung des Models und noch etwas mehr für das mitgebrachte Fotozeugs.

Unterm Strich waren vielleicht 8 oder 9 Quadratmeter Shootingbereich übrig (wieder inklusive Bett). Das ist jetzt echt nicht soooo viel und mehr als einmal hätte ich eigentlich gerne mehr Spielraum für die Positionierung meines Lichtes (oder gar eines zusätzlichen Lichtes) gehabt.

Aber – und das ist das Wichtige: Es ging!

Wir haben selbst auf diesem engen Raum einige schöne Fotos in Szene gesetzt. Klar: großzügige Ganzkörperaufnahmen mit viel negativem Raum – Ideen solcher Art gingen gleich mal über Bord. Angesagt waren eher eng geschnittene Teilaufnahmen oder solche, die das Bett mit einbezogen.

Auch das war nicht immer bequem (also jetzt nicht für Daniela, die vorwiegend gemütlich auf dem Bett lag, sondern eher für mich als Fotograf und Daniela’s Freundin, die ich zum Helfen eingespannt hatte…), insbesondere beim Aufbau des Lichtes nicht, oder wenn man sich auf den verbliebenen 30cm zwischen Bett und Galgenstativ mit Blitzkopf und Softbox durchquetschen musste, um nochmal ein Kissen oder die Decke zurecht zu zuppeln. Aber wir waren ja nicht wegen der Bequemlichkeit dort, sondern wegen der Fotos, die wir machen wollten. Zum Beispiel haben wir das Foto oben gemacht, das zu meinen Favoriten aus dem Shooting zählt, und natürlich auch gleich mal in mein Boudoir-Portfolio gewandert ist.

anklicken für größere Ansicht

Und so sah das Setup für das Foto aus (jetzt weißt Du auch, warum ich fotografiere und nicht male…):

Was die Pose anging war es entscheidend, dass Danielas Po und Rücken unterhalb der Bettdecke mit zusätzlichen Kissen gestützt wurden. Dabei ging es vor allem darum, dass ihr Körper nicht in die Matratze einsank, sondern obenauf bzw. leicht erhöht lag. Dadurch fiel ihr Kopf auf ‘natürliche Weise’ leicht nach hinten (also zu meiner Fotografenposition hin) ab und überstreckte so ganz leicht den Hals. Und das betont dann wunderbar die Kinnlinie und sorgt für einen guten Blickwinkel auf das Gesicht.
Was das Hauptlicht angeht lag das Augenmerk vor allem darauf, es nicht zu hoch zu setzen. Die Softbox, ein 30x140cm großes Striplight mit Wabeneinsatz (eins von diesen hier), war der Lage des Models entsprechend quergestellt und nur leicht höher als Daniela. So erzielte ich die oben ersichtliche Schattenbildung.

Bei höherer Position würden die Schatten weniger stark sein und Danielas Kurven würden weniger gut zur Geltung kommen.

Die Szene diktierte also die Höhe des Blitzes.

Und das wiederum diktierte den Einsatz des Galgenstativs, denn die anderen vor Ort verfügbaren Stative wären schon mit ihrer Mindesthöhe zu hoch gewesen. Mit dem Galgen kann ich ja notfalls bis auf Bodennieau herunter gehen.

Der Einsatz des Galgenstativs wiederum diktierte den Einsatz des “Portys” als dem Blitzlicht der Wahl, denn das Gesicht des kleinen Portykopfes ist doch eine ganze Portion geringer, als das eines klassischen “Monobloc”-Studioblitzes. Und ich war halt zu faul, noch weitere Sandsäcke aus dem Auto zu holen und in das 2. OG zu schleppen. Dank des Porty bin ich mit einem kleinen Sandsack als hängendes Gegengewicht am anderen Galgenende prima ausgekommen.

Das nur mal so als kleines Beispiel dafür, wie ich mich für die Nutzung eines bestimmten Blitzes ganz einfach in Form einer kleinen Domino-Reihe von Wenn-Dann-Beurteilungen anhand der örtlichen Gegebenheiten entscheide.

Soviel also zum Hauptlicht.

Es gab noch eine Aufhellung der Schatten von rechts. Die hat mir allerdings nur sehr wenig Arbeit gemacht, denn sie war quasi in den Raum eingebaut. Wie hierzulande oft üblich waren die (sehr nahegelegenen) Wände nämlich weiß gestrichen und glücklicherweise passte der Grad der Aufhellung gut zum gewünschten Bildergebnis, so dass ich das einfach mal so lassen konnte. Wäre mir das zuviel Aufhellung gewesen, hätte ich zunächst versucht, Daniela inkl. Bett noch ein Stück in Richtung Hauptlicht zu schieben (40cm Spielraum hatte ich ja noch…); notfalls hätte ich rechts neben dem Bett noch meinen schwarzen Molton als Abschatter auf ein Stativ hängen können/müssen. Wahrscheinlich wären dann die Schatten aber wieder zu dunkel geworden und ich hätte doch noch ein “aktives” Aufhellicht von rechts …. ach, egal. War nicht nötig, und das hat mir das Leben bei diesem Set doch sehr einfach gemacht.
Dann noch eine schöne SW-Umwandlung und fertig ist ein tolles Foto, dass ich hier unten noch einmal in voller Schönheit einfügt habe – so ein Beitragsbild ist ja doch irgendwie zwingend immer im Panoramaformat…

Danke, Daniela!

Buchvorstellung: Frank Doorhof – MASTERING THE MODEL SHOOT

Es ist schon eine Weile her, dass ich zuletzt mal ein Buch vorgestellt habe. Heute ist mal wieder soweit, und ich habe mir natürlich wie immer ein Buch herausgenommen, dass ich im Moment wieder sehr häufig in der Hand habe. “MASTERING THE MODEL SHOOT” heißt es. Autor ist der niederländische Fotograf Frank Doorhof. Hier ist ein (nicht gesponsorter) Amazon-Link.

Wer ist Frank Doorhof?

Ich glaube, zum ersten Mal bin ich auf Frank Doorhof über das amerikanische Fotografie-Fortbildungsimperium von Scott Kelby gestoßen. Dort – bei KelbyOne – ist Herr Doorhof einer der Instructor und hat für KelbyOne ein paar Videotrainings aufgenommen. Unter anderem – und dafür ist er bekannt und berüchtigt – geht es da auch um den Einsatz des Handbelichtungsmessers. Im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen verficht Frank Doorhof ausdrücklich den Einsatz dieses Werkzeugs und erläutert mit Nachdruck wie und wieso es sein Leben als Fotograf erleichtert, ein Fotoshooting beschleunigt und Ergebnisse reproduzierbar macht.

Fortbildung steht beim Studio Doorhof aber auch außerhalb des Kelby-Imperiums ganz oben. Er gibt Workshops, vertreibt eigene Videotrainings auf seiner Website, macht seit diesem Jahr (glaube ich) auch Live-Shows (genannt “Digital Classroom”), die im Internet übertragen werden und später als Konserve in seinem Youtube-Kanal landen.

Die Arbeit von Herrn Doorhof ist – jedenfalls, soweit er sie in seinem Buch präsentiert (um mal so langsam die Kurve zur Buchvorstellung zu bekommen) – im Wesentlichen geprägt von der Abwesenheit von Langeweile. Soll heißen, viele Bilder sind eher nicht das, was landläufig als typisches Fashion- oder Beautyportrait charakterisiert würde, sondern sie haben meist viel Spannung, Bewegung, Kontraste, Emotionen. Und oft ganz schön verrückte Stylings. Also sehr individuell, sehr spannend und einfallsreich. Ich mag das total.

Und was ist jetzt mit dem Buch?

Achso, ja, das Buch. Also, in einem Wort: SUPER. Es macht wirklich einen Rundumschlag durch alle Themenbereiche, die mit einem Fotoshooting mit Model zu tun haben.

Ich zitiere mal kurz die Kapitelnamen aus dem Inhaltsverzeichnis:

Chapter 1 – FINDING YOUR MODELS
Chapter 2 – LOCATIONS
Chapter 3 – PROPS & BACKGROUNDS
Chapter 4 – CHLOTHING & STYLING (THE MOST IMPORTANT THINGS)
Chapter 5 – COACHING YOUR MODELS ONCE THEY’RE ON THE SET
Chapter 6 – USING NATURAL LIGHT
Chapter 7 – LIGHTING WHEN YOU DON’T HAVE NATURAL LIGHT
Chapter 8 – LIGHTING FASHION ON LOCATION
Chapter 9 – STUDIO LIGHTING
Chapter 10 – GETTING THE FOUNDATION RIGHT: CALIBRATION, COLOR TARGETS & LIGHT METERS
Chapter 11 – RETOUCHING: PHOTOSHOP, CAMERA, OR BOTH
Chapter 12 – MARKETING YOUR WORK
Chapter 13 – A PHOTO SHOOT FROM START TO FINISH
Chapter 14 – MORE CONCEPTS & IDEAS

Also, wer da noch Themen vermisst, muss schon sehr spezielle Anforderungen haben. Natürlich kann man auch auf fast 350 Seiten bei so vielen Themen nicht jedes Thema bis zur ultimativen Erschöpfung ausnudeln. Zumal das Buch auch noch von grandiosen Fotos überquillt. Das Text/Foto-Flächenverhältnis geht auf so einigen Seiten deutlich zugunsten des Bildmaterials aus, was ich persönlich toll finde. Denn mit guten Bildern drumherum macht das Lesen interessanten Inhalts gleich noch mehr Spaß. Und zu jedem Bereich gibt es wertvolle Tipps und Hinweise, bzw. schlichtweg die Erzählung der “Best Practice” eines erfahrenen Fotografen.

Also, von mir gibt’s hier einen ganz klaren Daumen hoch. Ganz hoch. Dieses Buch finde ich top.

Ich bin einfach nicht fotogen…

Als Fotograf im Privatkundenbereich kennst Du das sicher. Als die Person vor der Kamera mit nur sehr gelegentlichem Kontakt zur Fotografie unter Umständen auch. Nur eben aus unterschiedlichen Blickwinkeln:

Das Unwohlsein oder gar eine gewisse Angst, vor dem gläsernen Ende einer Kamera zu stehen.

Oft äußert sich das ja bloß in einer mehr oder weniger deutlichen Anspannung, die man dann als Fotograf zu überwinden sucht. Manchmal ist da aber mehr. So war das bei meinem Shooting mit dem Team von Entheos-Coaching in meinem Lieblings-Outdoor-Studio, dem Burgpark der Burg Linn. Das Team brauchte Fotos für die Website ihrer neu gegründeten Firma. Der Kontakt kam über eine Freundin aus Schulzeiten zustande, die Teil des Coaching-Teams ist. Diese stand ganz offen dazu, dass sie ein Problem damit hat, fotografiert zu werden. Sie fragte mich, was sie denn tun könne, um ihre “Fotophobie” zu überwinden.

Das hier habe ich ihr dann im Zuge unseres E-Mail-Verkehrs vor dem Shooting geschrieben:

So, nun mal (…) ein paar Worte zum Thema „Unbehagen beim Fotografiert-werden“. Ohne, dass wir jetzt großartig mal darüber gesprochen hätten, warum Du glaubst(!), dass Du ein Problem damit hast, fotografiert zu werden (in Wirklichkeit hast Du da nämlich kein Problem, Du weißt das nur noch nicht…), hier mal ein paar Ansätze und Ideen:

„Ich bin einfach nicht fotogen”

Es gibt ja wirklich viele Leute, die glauben, sie wären nicht „fotogen“ oder sie würden generell auf Fotos nicht gut aussehen. Der Hintergrund dafür – und damit die Lösung – ist eigentlich ganz simpel: Die allermeisten Menschen sind noch nie „fotografiert“, sondern immer nur „geknipst” worden. Deshalb kennen die Leute nur Schnappschüsse von sich selber – nach dem Motto „Schatz, guck doch mal“ – Klack. Und das am besten noch mit einem Weitwinkel aus 15cm Abstand und einem Blitz direkt auf der auf Kamera, frisch nach dem Aufstehen am Montagmorgen in den besten Schlabberklamotten. Das bei solchen Fotoüberfällen nie ein wirklich schmeichelhaftes Foto herauskommt, versteht sich quasi von selbst. Und selbst, wenn man sich sorgfältig gestylt hat – für eine Party zum Beispiel – und damit die Auswahl der Kleidung und die Augenringe des frühen Montagmorgen schon mal kein fotografisches Problem darstellen – kommen eben trotzdem meist nur Schnappschüsse ohne Rücksicht auf die Pose, Haltung, das Licht, die Brennweite etc. zustande.
Und wenn DAS dann der vorherrschende Eindruck ist, den man von sich selbst auf seinen Fotos hat, ist eine gewisses Unbehagen in Sachen Foto völlig verständlich.Die Lösung dafür ist grundsätzlich recht simpel und heißt ganz einfach: Wir lassen uns mit dem Foto ein bißchen Zeit.

  • Zeit für die eigene Vorbereitung in Sachen Kleidung und ggf. Makeup.
  • Zeit, eine geeignete Location aufzusuchen.
  • Zeit, das Licht zu formen und zu optimieren
  • Zeit für Dich zum „Warmwerden”, damit Du Dich ein bißchen an die Situation gewöhnen kannst
  • Zeit für mich, herauszufinden, was für Dich die optimale Haltung ist

Lässt man sich nämlich beim Fotografieren einfach mal ein bißchen Zeit und erarbeitet ein Foto – so wie wir das machen werden – kommen in aller Regel ganz andere Ergebnisse zustande, als man das von den diversen Schnappschüssen gewohnt ist.

Spieglein, Spiegeln…

Ein weiterer Aspekt, warum sich viele Leute auf Fotos „komisch“ vorkommen, ohne dass sie sagen könnten, woran das genau liegt, ist ganz banale Physik: Jeder Mensch kennt sein eigenes Gesicht nur aus dem Spiegel – und deshalb nur als seitenverkehrtes Spiegelbild! Ein Foto zeigt Dich aber stets so, wie der Rest der Welt Dich sieht und entspricht genau deswegen nicht der eigenen Wahrnehmung.
Da kann man ehrlicherweise nix dran machen, denn wenn man das Foto spiegelt, passt es zwar vielleicht besser zur eigenen Wahrnehmung, aber auf einmal findet der Rest der Welt das Foto unter Umständen etwas merkwürdig. Die einzige Hilfe ist, sich diesen Umstand mal vor Augen zu führen, wenn man mal wieder ein Foto von sich selbst sieht, auf dem „irgendetwas merkwürdig ist“.

Fokussierung auf die Kleinigkeiten

Und last but not least sieht man sich selbst viel zu häufig, als dass man bei der Beurteilung des eigenen Aussehens objektiv sein könnte. Das heißt, der Eindruck, den man von sich selber hat, ist nicht mehr vom objektiv vorhandenen, allgemeinen Gesamteindruck geprägt, sondern vielmehr von den paar Details, die einen selber an sich stören. Man macht sein Bild von sich selbst meist an irgendwelchen „störenden“ Kleinigkeiten fest, die unser Umfeld im Zweifel überhaupt gar nicht wahrnimmt oder völlig anders gewichtet.
Hierzu hat die Firma Dove mal ein nettes Video veröffentlicht, dass – unabhängig davon, ob das dort gezeigte Experiment nun tatsächlich so stattgefunden hat oder nicht – mal eine ziemlich eindeutige und wahre Nachricht transportiert.

Was ist zu tun?

Du hast mich gefragt, was Du tun könntest, um Deine „Fotophobie“ zu überwinden. Nun, das Wesentlichste tust Du schon: Du vertraust mir. Das ist schon mal eine geniale Grundvoraussetzung, denn Du weißt, dass da hinter diesem schwarzen Kasten jemand ist, der keinen Mist mit Deinen Fotos anstellt und der auf Dich acht gibt.Versuche bitte nicht mit aller Gewalt, auf den Punkt genau „entspannt zu sein“, das wird nicht funktionieren. Versuche eher entspannte Rahmenbedingungen für den Termin zu schaffen, damit Du nicht schon von allen möglichen anderen Einflüssen her völlig angenervt bist. Alles andere ist eine Frage der Zeit und Ruhe beim Shooting selber. Wir kriegen das schon hin!

Liebe Grüße,

Nach der Antwort auf diese E-Mail zu schließen hat das schon mal eine ganze Ecke weitergeholfen, die Perspektive auf das anstehende Fotoshooting zu korrigieren. Natürlich war es für meine Freundin immer noch mit Überwindung verbunden, tatsächlich vor die Kamera zu treten, aber am Ende hat sie es mit Bravour geschafft und wirkte dabei auch durchaus entspannt.

Ich habe sie dann nach dem Fotoshooting mal ein bißchen mit Fragen zu dem Thema behelligt. Ich wollte von ihr vor allem wissen, was ihr geholfen hat, sich vor die Kamera zu trauen. Daraufhin schrieb sie mir, dass ihr in allererster Linie das Wissen geholfen habe, dass sie mir vertrauen konnte. Und dass meine Anleitungen in Sachen Posing und Haltung dazu beigetragen hätten, das Vertrauen in meine Fähigkeiten als Fotograf zu stärken. Weiterhin sei hilfreich gewesen, dass wir mit einem Gruppenbild mit dem ganzen Entheos-Team angefangen hätten.

Am Ende war es also zu einem guten Teil die alte Verbundenheit aus Schulzeiten, die sie von vornherein mit einem guten Maß an Vertrauen in mich ausgestattet haben. Diese Startsituation hat man ja nun als Fotograf nicht immer, sondern dahin muss man im Zweifel erstmal im Zuge der ersten Kontaktaufnahmen kommen. Das allein wäre aber natürlich dann nicht ausreichend gewesen, wenn ich nicht beim Shooting selber sehr achtsam gewesen wäre, was und wie ich Ideen und Hinweise für das Posing kommuniziert habe. Am Ende ist das also keine Magie, sondern einfach nur ein bißchen Einfühlungsvermögen und das Bewußtsein, dass sich der Mensch vor der Kamera in einer sehr ungewohnten und verletzlichen Position befindet.

Im Prinzip bin ich damit also thematisch wieder bei diesem Blogpost hier, wo ich mich ein bißchen dazu ausgelassen hatte, wie wichtig die Verbindung zwischen dem Mensch vor und dem Mensch hinter der Kamera ist.

 

Ganz besonders gefreut hat mich ihre Antwort auf die folgende Frage, da hatte ich ehrlich gesagt, ein kleines Tränchen der Rührung im Auge:

 

Q.     Nach 2 Wochen hast Du die Fotos das erste Mal gesehen. Wie war Deine Reaktion?

 

A.      Erst war ich freudig gespannt. Als sie dann da waren hatte ich kurzen Anflug von Panik, ob ich wieder so vollkommen andere Bilder vor meinem geistigen Auge haben werde und: Was mache ich, wenn meine Bilder gruselig sind und sie aber auf die (Web-)Seite müssen? Nach dem Öffnen der Datei hab ich mich dann einfach nur noch gefreut!   Nicht nur über meine Bilder, auch über die Bilder der anderen und der Kinder. Ich habe alle Menschen darauf erkannt, also ich meine in Ihrer Energie und Ausstrahlung. Die Bilder sind „wahr“, so hat es sich angefühlt, das habe ich auch gesehen. Verstehst Du, was ich meine? Es geht mir dabei nicht um schön im Sinne der Schönheitsstandards. Ich kann visuell wahrnehmen, welche Energie die Menschen ausstrahlen, dass sie sich wohlfühlen, Spass haben und eine positive Stimmung herrscht.  Wobei ich grade denke, es muss gar nicht nur positiv sein, aber eben authentisch! Ja, ich denke, dass beschreibt es am besten. Das Gesicht und die Körperhaltung, passen zu dem was da aus den Augen kommt.

 

Mission erfolgreich, würde ich dazu mal sagen. Ein größeres Lob kann man wohl als Portrait-Fotograf nicht bekommen. Danke!So, das war jetzt irgendwie wieder ein ziemlich langer Blogpost. Ich hoffe er kann Dir (als Fotograf/in) eine Hilfe im Bekämpfen der Ängste und Sorgen Deiner Kunden sein. Und ich hoffe er kann Dir (als Kunde eines Fotografen) schon mal die eine oder andere Sorge erleichtern oder gar nehmen. Deine Erfahrungen in diesem Zusammenhang würden mich sehr interessieren. Schreib mir doch mal, wie Du (als Fotograf/in) erfolgreich einen Kunden mit Fotophobie ‘behandelt’ hast. Oder wie Du (als Fotografierte(r)) gute oder schlechte Erfahrungen im Umgang mit Deinen Sorgen gemacht hast.

 

Bis bald!

Was wirklich zählt…

Ich schreibe hier ja oft darüber, WIE ich ein bestimmtes Foto gemacht habe. Also, welches Licht aus welcher Richtung, aus welchem technischen Hintergrund heraus, etc. pp..

Das ist auch sicherlich für einige nicht uninteressant (hoffe ich jedenfalls), denn dabei trete ich ja auch immer mal wieder meine Fehlentscheidungen breit. Oder erzähle von den Stellen, wo die Wirklichkeit meinen fotografischen Plänen aber mal ganz fies die Zunge heraus gestreckt hat, und dann spontan der fotografische Masterplan umgestrickt werden musste.

Wie auch immer: Vorwiegend geht es dabei um ‘fotografische Technik’. Die ist hier und heute aber mal ganz still und nicht gemeint. Daher:

zählt nix, ist nur technisches Geraffel

DENN was ist natürlich noch viel wichtiger als der Technikkram?
Na klar:

Der MENSCH vor meiner Kamera und meine VERBINDUNG zu ihm.

Die besten Fotos eines Menschen – und eben nicht nur seiner äußeren Hülle – entstehen immer dann, wenn ‘die Chemie stimmt’, also wenn Fotograf und Fotografierte(r) eine Verbindung miteinander haben, wenn Vertrauen da ist, wenn die Kamera nicht der dicke, schwarze Klotz ist, der unweigerlich zwischen Model und Fotograf steht und die Kommunikation behindert.

Denn die Menschen vor meiner Kamera begeben sich ja in eine sehr verwundbare Situation. Sie sehen nicht, was ich sehe. Sie wissen nicht,
dass und wie mein Licht die mit nacktem Auge sichtbare Situation verändert. Die Umsetzung mancher Posingtipps fühlt sich unter Umständen ganz merkwürdig an, ohne dass der Mensch vor der Kamera selber sehen kann, dass das aber gut aussieht.

Als Fotografen verlangen wir also von den Menschen, die wir fotografieren, ganz schön viel Vertrauen in uns und unsere merkwürdigen Ideen und Anweisungen. Und wir verlangen, dass sie die Schutzwände, die jeder Mensch um sein Innerstes gebaut hat, wenigstens ein bißchen einreißen, damit wir dann den “echten Menschen” fotografieren können.

Eine gewisse Zurückhaltung ist also insbesondere bei Menschen, die nicht oft fotografiert werden, absolut nicht überraschend. Diese Zurückhaltung im Laufe eines Fotoshootings zu überwinden und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen ist meines Erachtens die größte Hürde, die es in der Fotografie von Menschen zu überwinden gilt.

Ob ich das immer schaffe? Oft ja, aber eben leider nicht immer. Manchmal scheitert es ganz einfach am Faktor Zeit. Je nach Persönlichkeitstyp braucht es einfach etwas Zeit, um das nötige Vertrauensverhältnis wachsen zu lassen. Und diese Zeit hat man nicht unbedingt immer. Denk zum Beispiel mal an eine Hochzeit. Klar, Braut und Bräutigam lernen mich vor der Hochzeit ein wenig kennen und sind am Tag der Hochzeit selber sowieso emotional im Ausnahmezustand (hoffentlich jedenfalls…). Da hatte ich bisher eher weniger Probleme. Aber die diversen Freunde und Familienmitglieder des Brautpaares, die auch mal vor die Kameralinse geraten? Zeit, zu jedem Einzelnen eine Vertrauensbasis aufzubauen hat man jetzt auf einer Hochzeit mal eher nicht.

Im Fall eines “ganz normalen” Einzelshootings mit Erwachsenen aber gelingt es eigentlich fast immer, ein ausreichendes Vertrauensverhältnis aufzubauen, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt. Am besten vorher schon so gut wie möglich miteinander bekannt machen, und dadurch versuchen, so früh wie möglich mit der Bildung eines Vertrauensverhältnisses zu beginnen. Insofern ist die Zeit VOR dem Shooting eine ziemlich wichtige, und genau deshalb ist der Schnack beim Kaffee vor dem Shooting so bedeutend.

Und wenn ich dann beim einleitenden Schnack den Grundstein zu einer Vertauensbasis gelegt habe, muss ich beim Shooting selber natürlich darauf weiter aufbauen. Das heißt insbesondere, dass ich alles tun muss, um die Person vor der Kamera in seiner/ihrer Situation zu beschützen und nicht alleine zu lassen. Zum Beispiel kann ich nicht einfach wortlos die Kamera auf ihn oder sie richten, ein paar Fotos machen und ebenso wortlos (am besten noch kopfschüttelnd) auf das Kameradisplay schauen oder am Licht rumfummeln.

Da gilt die ewige Weisheit:

REDEN HILFT.

Wenn Du noch Testfotos machst, um Dein Licht einzurichten, sag das. Wenn Du mit einem Foto nicht zufrieden bist, weil das Licht nicht perfekt ist, sag, dass das Foto schon ganz klasse ist, Du jetzt aber noch das Licht optimierst, um das Tüpfelchen auf dem “i” hinzukriegen. Denn wenn Du einfach nur die Stirn in Falten legst oder den Kopf schüttelst, bezieht der Mensch vor der Kamera das natürlich gleich auf sich und wird verunsichert. Und wenn Du mit einem Foto nicht zufrieden bist, weil die Pose unvorteilhaft ist, sei trotzdem begeistert von dem Foto. Und dann schlägst Du einfach vor, vielleicht noch eine andere Pose auszuprobieren… 😉

Du musst übrigens auch immer “echt” sein – so jedenfalls meine Meinung. Ich habe nämlich beim Fotografieren den Kopf absolut voll mit Mensch, Pose, Zeitplan, Fototechnik und was auch immer zum Fotografieren noch dazugehört. Da können sich meine drei armen Synapsen nicht auch noch damit beschäftigen, z.B. das Bild eines obercoolen Jet-Set-Fotografen zu projezieren.
Ich bin ich.
Und entweder, mein Kunde und ich passen irgendwie zusammen oder eben nicht. Im letzteren Fall ist es dann einfach nicht mein Kunde. Gut, wenn man das erst beim Shooting selber feststellt, muss man da irgendwie durch, das hilft dann alles nichts. Aber in der Regel stellt sich sowas ja bei den Kontakten im Vorfeld zu einem Fotoshooting heraus.

Manchmal bekommt man von erfahrenen Fotografen ja auch als Tipp mit auf den Weg gegeben, dass man den Mensch vor der Kamera bloß nicht mitbekommen lassen soll, wenn man als Fotograf an irgendeiner Stelle das Foto vergeigt hat – Fokus sitzt nicht, Blitzauslöser vergessen, Objektivdeckel noch drauf etc. (Nein, dass ist MIR natürlich alles noch nicht passiert! Hab ich nur mal von gelesen….. *Hust*). Das mag in bestimmten Anwendungsbereichen auch seine Berechtigung haben. Etwa, wenn man mit Supermodels, hochrangigen Politikern oder Stars zu tun hat, die allesamt einen straffen Zeitplan haben und ihre Zeit absolut effizient genutzt wissen wollen. Da kann ich dann verstehen, dass man sich als Fotograf absolut keine Blöße geben möchte. (Andererseits: Technische Pannen und blöde Fehler sollten einem in dem Metier sowieso nicht unterlaufen – da muss dann einfach alles bis zum Eintreffen der Person eingerichtet und dreifach getestet sein)

Aber im Privatkundengeschäft oder beim Zusammentreffen mit “Spaß-an-der-Freude-Models”? Da finde ich es eher sympathisch und ehrlich, zu seinen Fehlern zu stehen. Jedenfalls, solange man nicht einen Klopper nach dem nächsten bringt. Das wäre dann doch irgendwann einfach nur peinlich. Aber auch dann sollte man nicht vorrangig an den besten Vertuschungstechniken für die eigenen Fehler feilen, sondern daran, die Fehlerquote zu senken ;-).

So, worum ging es jetzt eigentlich?

Um den Mensch VOR der Kamera. Der muss sich möglichst wohlfühlen.
Denn sonst fotografierst Du oft nur eine Show-Oberfläche, aber eben nicht den Mensch darunter.

100% Model-Fotografie – Ein Workshopbericht aus Zingst

Moin. Vor ein paar Tagen hatte ich ja schon berichtet, dass es mich kürzlich nach Zingst auf das Umweltfotofestival verschlagen hatte. Dort habe ich einen zweitägigen Workshop von Martin Krolop, oder besser: dem Krolop-Gerst-Team, besucht.
Wie es war? Mit einem Wort: Klasse. Grandios. Lehrreich. Spaßig. OK, das waren jetzt vier Wörter. Und damit Du genau weisst, warum ich so begeistert war, werde ich hier mal ein bißchen ausholen:

Warum eigentlich genau dieser Workshop?

Von Beginn an war für mich klar, dass ich in Zingst ein oder zwei Workshops zum Thema “Menschenfotografie” besuchen wollte. Landchaftsfotografie betreibe ich im Urlaub und bei anderen seltenen Gelegenheiten zwar auch mal, aber das ist bei mir sowieso eher eine Nischen-Angelegenheit, in der ich für mich auch keinen Workshop-Bedarf sehe. Aber für Tipps und Tricks erfahrener Fotografen bei der Fotografie von Mitmenschen bin ich immer zu haben. Also lag mein Fokus auf  Menschenfotografie-Workshops.

Den Workshop “100% Model-Fotografie” habe ich mir letztlich ausgesucht,

  • weil hier die Teilnehmerzahl auf angenehm überschaubare 12 Personen begrenzt war, und daher der persönliche Kontakt mit dem Dozenten und die eigenen Praxisphasen im Zweifel zahlreicher/tiefgehender/intensiver sein würden, als bei einem Workshop mit 25 Teilnehmern und
  • weil ich mir im Gegensatz zu einem eintägigen Workshop einen verbesserten Lerneffekt durch das Sichten der Ergebnisse des ersten Tages und die Umsetzung des einen oder anderen Tipps vom Vortag am Tag 2 versprach.

Naja, und schon auch weil hier das Preis-Leistungsverhältnis echt gut war. Also, aus Teilnehmersicht betrachtet.
Und so wurden jedenfalls aus den geplanten “ein oder zwei Workshops” “ein zweitägiger” Workshop.

Und wie war es nun?

Nun, meine Erwartungen an den Infogehalt und die Menge der Tipps, die ich für mich mitnehmen würde, wurden absolut übertroffen. Der Titel des Workshops war wirklich treffend gewählt, weil Martin tatsächlich aus allen Bereichen, die mit dem Fotografieren eines Menschen/Models zu tun haben, zahlreiche Tipps und Tricks zum Besten gab.
Da waren viele grundlegende Themen dabei, über die man(n) sich vielleicht bisher gar keine großen Gedanken gemacht hat, das aber vielleicht besser mal ändern sollte.

So war zum Beispiel der Bereich “Kommunikation mit dem Model” ein ganz großes Thema, und zwar nicht nur was die offenkundige, verbale Kommunikation anging. Martin regte insbesondere anhand verschiedener Beispiele auch schwerstens zum Nachdenken darüber an, wie die eigenen Äußerungen sowie Mimik und Gestik während des Fotografierens beim Model aufgenommen werden – ein bißchen Shootingpsyschologie sozusagen.

Dazu mal ein kleines Beispiel:
Ich hatte die Ehre, im Zuge einer Blitzlichtdemonstration auf den Auslöser zu hauen und ein prächtig überbelichtetes Foto von Testmodel Martin zu machen. Später dann wurden die Einstellungen korrigiert und ich löste noch einmal aus.
Was antwortete ich auf Martin’s Frage, wie es nun aussehe? Na klar: “Besser.”  Und das war ja auch objektiv richtig, das Foto war (deutlich) besser (belichtet) als das vorhergehende.

Was aber – so Martin’s dezenter Hinweis – kommt bei einem Model an, dem man nur ein knappes “Besser!” um die Ohren haut?
Ganz einfach: “Es mag zwar besser sein, sieht aber immer noch k#cke aus.”

Lerneffekt eingetreten.

Solcherlei Tipps gab es an allen Ecken und Enden, und gerade dieser Themenbereich war für mich echt der interessanteste und wichtigste. Denn wenn aufgrund von Patzern im Umgang die Kommunikation und Chemie beim Shooting nicht stimmt, nutzt auch die ausgefeilteste Kamera- und Lichttechnik nichts. Dann werden die Bilder einfach nicht so gut, wie sie hätten sein können. Ein technisch nicht optimal belichtetes Foto kann man im Zweifel in der Nachbearbeitung retten.
Den Ausdruck des Models aber nicht!
Natürlich gab es auf dem Workshop auch Tipps zur Lichtsetzung in reichlicher Fülle. Zum Beispiel demonstrierte Martin eindrucksvoll, dass der Grundsatz “Viel hilft viel” nicht immer der maßgebliche Leitspruch beim Fotografieren ist. Anders ausgedrückt: Wenn mein Motiv schon zu 90% vom Umgebungslicht gut ausgeleuchtet ist, muss ich nicht noch 120% Licht durch einen Blitz oder einen in die pralle Sonne gehaltenen Silberreflektor dazu geben.
Es reicht, wenn ich dezent und zielgerichtet nur die fehlenden 10% ergänze. Zum Beispiel in Form einer weißen Reflektorbespannung, die einfach direkt auf den Tisch vor das Model gelegt wird und noch nicht mal direkte Sonneneinstrahlung abbekommt. Erstaunlich, was das bißchen zusätzliche Aufhellung für einen Unterschied macht!

Nur muss man dazu eben auch mal genau hinschauen und

  • sich bewußt sein, was für ein Motiv man vor sich hat und welches Licht hierfür angemessen ist,
  • erkennen, wieviel von dem gewünschten Licht vielleicht bereits da ist und ob es an der richtigen Stelle sitzt,
  • und dann eben mit Augenmaß(!) Licht hinzufügen.

Ach noch was: Zum “Hinschauen” muss man natürlich was sehen können. Das klingt jetzt ein ganz kleines bißchen banal. Aber es klingelt vielleicht bei Dir, wenn ich die Stichworte “Kameradisplay” und “Sonnenschein” einwerfe? Wobei ja eigentlich schon “Kameradisplay” und “draußen sein” reicht. Denn selbst ohne direkte Sonneneinstrahlung sieht man an der frischen Luft nicht mehr ganz genau, was das Kameradisplay da gerade anzeigt. Jedenfalls dann, wenn man erkennen möchte, wie die eigene Kamera Lichtnuancen verarbeitet. Deshalb war natürlich auch das wichtigste Stück Ausstattung bei einem Outdoorshooting wieder ein Thema, das Martin angerissen hat: die Displaylupe, aka Viewfinder. Dazu hatte ich hier vor einiger Zeit auch schon mal was geschrieben.

Auch Martins Grundansatz, Probleme zu vermeiden statt Probleme zu lösen, war so ein eigentlich ganz einfacher aber wesentlicher Punkt, den man sich am besten ins Gehirn brennen sollte. Denn wer hat das nicht schon mal erlebt, dass man sich in einer Shooting-Situation befand, die nicht optimal war, und die sich auch nicht über noch ‘nen Reflektor und noch ‘nen Blitz und dann noch dies und dann noch das optimieren ließ.
Vielleicht wäre also die Lösung gewesen, sich einfach mal umzudrehen und die ganze Situation zu verändern, so dass das Problem, das man eben noch lösen wollte, gar nicht erst auftritt? Und solltest Du Dich fragen, wo denn der Unterschied zwischen Problemvermeidung und Problemlösung ist, empfehle ich in der Tat, mal einen Workshop bei Martin besuchen. Das heißt, empfehlen kann ich so einen Workshopbesuch bei Krolop-Gerst sowieso aus voller Überzeugung, aber in diesem Fall eben erst recht.
Bildverwaltung und Bildbearbeitung war dann auch noch Teil des Workshops, auch hier gab es einige sehr interessante Tipps und einen “HandvordieStirnschlag”-Moment. Als nämlich Martin seine Methode der doppelt selektiven Bildbearbeitung vorstellte und den Grund dafür nannte: nämlich, dass im Zweifel kein Foto die gleiche Bearbeitung (z.B. Belichtung hochziehen) an allen Stellen braucht, sondern stattdessen lokale und zielgerichtete Korrekturen einzelner Bildbereiche vorgenommen werden.
In dem Moment, wo er das aussprach und zeigte, war die Methode sowas von logisch und einleuchtend, dass man sich fragt, warum man darauf nicht schon lange selbst gekommen ist. Und die wenig schmeichelhafte Antwort auf diese Frage kann ja leider nur lauten, das man wohl das Gehirn wohl einfach mal nicht eingeschaltet oder den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hat.

Wurde denn eigentlich bei so vielen Themen auch fotografiert?

Was heißt hier “so viele Themen”? Das war doch immer noch nur ein Ausschnitt. Meine Mindmap über die Erkenntnisse aus dem Workshop hat 6 Hauptzweige und lockere 40 Einzelpunkte.
Aber um die Frage zu beantworten: Na klar, sogar reichlich. Vieles wurde ja auch bei der laufenden Vorbereitung der jeweiligen Foto-sets gezeigt und erklärt.
Krolop-Gerst hatten Annetta als Model engagiert, die die ganze Zeit über mit guter Laune, freundlichstem Umgang und Arbeitseifer den auf Workshops üblichen beständigen Fotografenwechsel meisterte und die eher früh-frühlingshaften und weniger sommerlichen Temperaturen auch mit leichterer Bekleidung ertrug.
Die Shootingphasen waren so organisiert, dass wir Workshopteilnehmer Annetta nacheinander im zuvor erläuterten und aufgebauten Setup fotografierten. Der jeweils Fotografierende wurde dabei unter die Fittiche von Marc Gerst genommen, der Tipps gab, wie und was man verbessern könnte.
Hier hatte ich auch wieder so ein persönliches AHA!-Erlebnis, als Marc mich beim ersten Set nach kurzer Zeit dazu anhielt, selber ‘statischer’ zu werden, also meine Position nicht so viel zu verändern. Ich sollte vielmehr eine Position einnehmen und aus der heraus eine Zeitlang fotografieren. So würde ich mich besser auf die ganz konkrete Situation einstellen und besser auf Annetta achten können, was den Ergebnissen gut tun werde.
Und was soll ich sagen: Bei der abendlichen Bildkontrolle am Rechner sieht hat man in der Rasteransicht in Lightroom einen klaren Cut an genau dieser Stelle. Danke, Marc!

Während also ein Teilnehmer fotografierte, hielt der Rest der Truppe etwas Abstand vom Foto-Set und hatte Pause. Das heißt, “Pause” ist hier eigentlich nicht der richtige Begriff, denn die Zeit wurde natürlich genutzt, um Martin mit Fragen zu löchern, oder den Fragen anderer Teilnehmer an Martin interessiert zuzuhören, oder mit anderen Teilnehmern zu quatschen und Erfahrungen oder Blödsinn auszutauschen. Diese “Wartezeit” war jedenfalls alles andere als “Leerlauf”.

Playmate Annetta Negare photographed at a Workshop in Zingst

Und lustig war es in der Zeit allemal. Insbesondere, wenn das Foto-Set samt Model in Hotpants und Karo-Bluse (also durchaus vollständig aber eben dezent knapp bekleidet) mitten in der City of Zingst aufgeschlagen wird und ganze Busladungen urlaubernder Mitmenschen vorbeikommen, die gerne auch mal das Erwerbsleben altersbedingt deutlich hinter sich gelassen haben. Da könnte man anschließend schon eine kleine Gesellschaftsstudie schreiben… Grob zusammengefasst würde der Tenor wohl lauten, dass die Herren sich generell weltoffen und an ihrer Umwelt interessiert zeigten, während die zugehörigen Damen eher den ursprünglich anvisierten Zwecks ihrer Reise zielstrebig weiter verfolgten und sich gegenüber ihren Ehemännern zum Teil recht mitreißend verhielten…

Sonst noch was?

Die Disziplin in der Gruppe war aus meiner Sicht übrigens sehr gut. OK, Martin hatte gleich zu Beginn ja auch klare Worte gesprochen und mit Rauswurf gedroht, sollte jemand nicht den (eigentlich selbstverständlichen) Anstand besitzen und mitfotografieren, während eigentlich gerade ein anderer Teilnehmer dran ist. Schade, dass solche Hinweise offenbar nötig sind – bei dieser Gruppe war nach meiner Wahrnehmung aber insoweit alles im Lot.
Abschließend erwähnenswert wäre noch, dass sich ein kleines Trüppchen Workshopteilnehmer abends an der Strandbar Tschuldigung: der Sunbounce-Lounge natürlich! getroffen hat und die netten Pläuschchen dort weitergeführt wurden. Eigentlich ist es ja mit der nötigen Schlafenszeit eines Familienvaters mit kleinen und teilweise sehr früh aufstehenden Kindern nur bedingt vereinbar, sich abends aus der Bar kehren zu lassen und dann das letzte Bier noch in Ruhe am Stehtisch vor der Bar auszutrinken oder zu der dann nächstgelegenen bewirtschafteten Sitzgelegenheit umzuziehen. Aber was will man machen, wenn’s halt grad so interessant und/oder lustig ist…

Das Resümee

Wenn Du Dich für Menschenfotografie interessierst und einen Workshop randvoll mit wertvollen, unverwässerten und klaren Ansichten und Einsichten besuchen möchtest, besuch mal einen Workshop von Krolop-Gerst. Und wenn Du das in Zingst auf dem Fotofestival erledigst, bekommst Du eine gehörige Portion des “Spirit of Zingst” obendrauf.

Beides absolut empfehlenswert!!

ein Besuch in Zingst

Kürzlich war ich in Zingst. Kennst Du nicht? Solltest Du mal nach googeln, dort finden nämlich regelmäßig fotografisch interessante Veranstaltungen statt. Zum Beispiel das Umweltfotofestival Horizonte Zingst. Und rein zufälligerweise fiel der Familienurlaub mit der Zeit des Fotofestivals zusammen.

Was das Festival auszeichnet, sind

  1. die vielen Ausstellungen, sowohl Indoor als auch Outdoor,
  2. die vielen Workshops und Vorträge
  3. und nicht zuletzt das abendliche Treffen an der Sunbounce Lounge am Strand, um dort nach Sonnenuntergang die Bilderflut zu genießen und mit den Workshop-Kolleginnen und Kollegen zu schnacken.

Dazu kommt dann noch der Fotomarkt, auf dem so einige Vertreter der Hersteller und Vertreiber von fotobezogenem Material und/oder Dienstleistungen über ihre Produkte informieren (und diese natürlich auch gerne verkaufen) und reichlich andere Aktionen, die einen Bezug zur Fotografie haben. Ganz Zingst ist dann für 8 Tage von der Fotografie geprägt. Was da so alles los ist, kannst Du mit einem Blick in das Programm des diesjährigen Fotofestivals nachschauen.

Ich war jetzt das zweite Mal dort, und es war wiederum ein tolles Erlebnis. Der Workshop, den ich gebucht hatte, war grandios (dazu mehr in einem weiteren Blogpost). Und für die abendlichen Treffen an der Sunbounce-Lounge hatte sich wieder ein richtig nettes Grüppchen aus den Workshopteilnehmern gebildet.

Ich muss gestehen, dass ich die Ausstellungen dieses Jahr leider etwas vernachlässigt habe – irgendwie ließ sich ein Abstecher in die diversen Ausstellungsräume diesmal nicht so gut mit dem Familienurlaub übereinander bringen, so dass ich im Wesentlichen nur die Outdoor-Ausstellungen gesehen habe. Aber die waren schon mal wieder so richtig klasse. Insbesondere die auf 3×3 Meter große Wände gezogene Fotos der Handmalereien (Handimals) des Künstlers Guido Daniele, der Hände sehr realistisch in Tiere umgestaltet. Eine der nächsten Stationen dieser Ausstellung ist übrigens der Petersplatz in Rom. Kommt ja fast an den Vorplatz vom Heim der Fotografie in Zingst, dem Max-Hünten-Haus, ran…

Richtig gut fand ich auch die Ausstellung der Fotos von Naturgewalten am Strand von Zingst. Leider gibt es dazu auf der Website des Fotofestivals keine Online-Galerie, so dass ich die Fotos nicht mit Dir teilen kann.

Zu meiner Workshop-Erfahrung schreibe ich ja noch einmal einen gesonderten Blogpost. Hier nur soviel, dass da wirklich für jeden was dabei ist. Klar, bei einem UMWELTfotofestival liegt der Schwerpunkt logischerweise irgendwie auf Flora und Fauna, aber auch die Fotografie von Menschen kommt nicht zu kurz.

Kommen wir nun zum dritten wesentlichen Faktor: Dem “Spirit of Zingst”, dem abendlichen Treffen zur Bilderflut am Strand. Es ist schon wirklich etwas Besonderes, beim Sonnenuntergang am Strand auf den Beginn der Show zu warten und dann die Bilder des Tages auf einer riesigen Kinoleinwand am Strand anzuschauen.
In Form eines iPhone-Panos sieht das dann bei Blickrichtung von der Leinwand in Richtung Strandbar so aus, wie im Titelbild dieses Blogbeitrags.

Und das hier ist dann der Blick auf die Leinwand:

Der einzige erkennbare Nachteil dieser abendlichen Treffen ist – jedenfalls wenn man als Familienurlauber mit kleinen, frühaufstehenden Kindern in Zingst ist – das frühe Aufstehen am Morgen danach. Aber das ist eben auch selbstgewähltes Schicksal.

Alles in allem kann ich echt eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen, dass Du mal schaust, ob Zingst mit dem Fotofestival in Deine Urlaubsplanung passt. Bei mir passt es in den nächsten Jahren leider wohl nicht mehr so gut, denn für uns beginnt in diesem Sommer die Schulpflicht. Und das Fotofestival ist nun mal ein Stückchen vor dem Sommerferien. Leider.

Bis bald auf diesem Kanal, dann mit einem Bericht über den Workshop, den ich besucht habe.

Theorie und Praxis: eine Fotocollage

Moin. Kennst Du das auch? Da hat man mal in den unendlichen Weiten des Internets eine coole Idee für ein Foto gesehen. Man macht sich daran, die Idee selber umzusetzen. Und obwohl man schon beim Shooting selber sieht, dass die Umstände vor Ort nicht ganz ideal für das gewünschte Ergebnis sind, macht man trotzdem weiter. Schließlich will man das ja mal ausprobieren…

Es ging dabei um Folgendes: Ich hatte eine Fotocollage gesehen. Die Mitglieder einer Familie haben sich in unterschiedlichsten Besetzungen und Posen in einen festen Rahmen gestellt und sind darin fotografiert worden. Die dabei entstandenen Einzelfotos hat der Künstler dann in einer Anordnung von – ich glaube – 3 Reihen á 6 oder 7 Bildern zu einem Gesamtbild zusammengefügt.

Sah cool aus – wollte ich auch mal machen – und habe ich jetzt gemacht, siehe oben.

Und ich habe dabei viel gelernt!
Der Fachbegriff dafür heißt, glaube ich, “Lernen durch Schmerz”. Im konkreten Fall war es der Schmerz stundenlanger Arbeit in Photoshop, die erforderlich wurde, um die Problemchen auszukurieren, die die für diese Fotocollage suboptimalen Gegebenheiten vor Ort so mit sich gebracht haben.

Als da wären:

Der Hintergrund

Der Hintergrund ist, wie oben ersichtlich, eine gefrostete Glastür. Durch diese konnte man natürlich die Helligkeitszonen des dahinter liegenden Raumes als Umrisse oder Schemen erkennen. Mit anderen Worten der hinter der Tür stehende Esstisch war als dunklelbrauner Fleck erkennbar, der Fussboden als hellbraune Fläche und so weiter. Deshalb war sofort klar, dass ich hinter der Tür einen eigenen Hintergrund aufbauen und beleuchten musste, um die Einflüsse des Raums hinter der Tür auszublenden.
Also – so war der Plan – schnell ein Stück weißes Molton aufgehängt und mit einem Blitz von hinten durchleuchtet, und schon sollte mein gleichmäßiger Hintergrund fertig sein.

Soweit die Theorie.

Aufgrund der räumlichen Verhältnisse – die Tür war in einem kleinen Wandstück eingebaut, das zu den angrenzenden Wänden im 45-Grad-Winkel stand – konnte ich aber mein richtiges Hintergrundsystem nicht aufstellen, sondern musste hilfsweise ein Galgenstativ nehmen.

Dankenswerter Weise war das stabil genug für diese Aufgabe. Man glaubt ja gar nicht, was so ein Stückchen Stoff für eine Belastung sein kann… aber es ging. So gerade.

Dann musste der Hintergrundstoff natürlich noch sehr nah und exakt von hinten an die Türe herangelegt werden, weil man sonst im unteren Bereich der Tür den Holzfussboden gesehen hätte.

Nunja, alles etwas fummelig, aber machbar. Und vor allem ohne Nachwirkungen in Bezug auf spätere Bildverarbeitung.

Nächstes Problem: Nicht gerade “unendliche Weiten…”

Auf der anderen Seite Tür, dort, wo schließlich die Bilder entstehen sollten, war natürlich der Flur. Und so ein Flur ist in einem normalen deutschen Einfamilien-Reihenhaus ja schon mal nicht unbedingt ein Ballsaal. Mit anderen Worten: Da war so gut wie kein Platz. Und deshalb hockte oder kniete ich mehr oder weniger direkt vor einer Wandecke unterhalb meines Hauptlichts und hatte dort vielleicht gerade mal einen knappen Meter Distanz zur Tür und zu meinen Fotosubjekten.

Warum war das ein Problem?

Nunja: Erstens musste ich mit einem extremen Weitwinkel arbeiten, um überhaupt den ganzen Türrahmen + Boden auf das Foto zu bekommen. Das zog dann dank des hochkantigen Aufnahmeformats den Türrahmen und die Familienmitglieder teils deutlich in die Länge. Besonders die am unteren Bildrand gelegenen Füße….

Zweitens war nicht daran zu denken, ein Kamerastativ aufzustellen, um die Perspektive der Kamera auf die Tür festzunageln. Das hätte ganz einfach nicht gepasst.

Das Ergebnis:
Mangels festgezurrter Kameraposition hatte ich Schwankungen im Bildwinkel, die – bedingt durch die extreme Brennweite – teils zu deutlich unterschiedlichen Bildanteilen von Fußboden zu Türrahmen führten. Gerade beim starken Weitwinkel wirken sich ja schon kleinste Änderungen im Bildwinkel ziemlich krass aus.

Daher musste ich zunächst einmal für jedes Bild einzeln die Perpektivkorrektur vornehmen, damit der Türrahmen nachher horizontal und vertikal auch schön gerade war. Das sollte zwar in der Theorie die Upright-Funktion von Lightroom vollautomatisch erledigen können, aber das ist eben auch nur eine Theorie…. Da war nix mit flächendeckender Automation oder dem Übertragen von Einstellungen, sondern es hieß „jedes Bild bitte einzeln zur manuellen Korrektur antreten”

Dann musste ja in der Collage der Türrahmen möglichst immer auf der gleichen Höhe enden. Aufgrund der Schwankungen der Kameraposition und -ausrichtung war das aber eben nicht automatisch der Fall. Und ich konnte ja auch nicht einfach an der Unterkante des Türrahmens schneiden, weil ich dann den Leuten ja ständig die Füße amputiert hätte. Ein bißchen Fußboden brauchte ich also schon. Und folglich musste ich die Türrahmen- und Fußbodenanteile jedes Bildes unabhängig voneinander von Bild zu Bild angleichen.

Teilweise hatte ich zu viel Boden, dann wurde der geschnitten und/oder gestaucht, was den durch das Weitwinkel lang gezogenen Füßen im Einzelfall sicherlich gut tat. Aber natürlich durfte nur der reine Fußbodenteil gestaucht werden, denn der Türrahmen musste ja die an den Nachbarbildern ausgerichtete Länge behalten.

Teilweise hatte ich aber auch zu wenig Boden. Also raus mit dem Kopierstempel und anderen Clone-Werkzeugen und fröhlich Fliesenfußboden hinzu erfunden… Und weil öfters mal keine frei sichtbare Fuge im richtigen Winkel verfügbar war, kann ich jetzt auch richtig gut mit der Winkeleinstellung im Kopierstempel-Werkzeug umgehen…

Unterm Strich bedeutete das Zusammenstellen der Collage lockere 8 bis 10 Stunden Photoshop-Arbeit.
Die Quintessenz des Ganzen:

Sowas mache ich nur nochmal bei optimalen Bedingungen.

Das heißt:

  1. Es ist genug Platz für ein Kamerastativ. Das ist – glaube ich – das Wichtigste: Perspektive festnageln!!! Dann kann man nämlich nachher einmal(!) in einem Bild die nötigen Perspektivkorrekturen vornehmen und diese auf alle anderen Bilder übertragen. Mit anderen Worten: Schon bei der Aufnahme schaffe ich die Voraussetzungen, damit ich es bei der Bildverarbeitung später einfacher habe.
  2. Es ist genug Platz, um mit einer mittleren Brennweite zu arbeiten. Kein Problem mehr mit Weitwinkel-Verzerrungen in Form von langen Füßen. Am besten gleich eine Festbrennweite, damit man direkt auch ein versehentliches Verstellen der Brennweite ausschließen kann.
  3. Ich habe idealerweise einen vollständigen (=vierseitigen) Rahmen, in den sich die Leute komplett hereinstellen können. Das eliminiert das Fußboden-Problem vollständig. Kein Strecken oder Stauchen von Bildanteilen mehr, damit der Türrahmen auf allen Bildern an gleicher Stelle endet. So kann ich schon in Lightroom genau auf die äußeren Kanten des Rahmens schneiden, und die Bilder vor der Verarbeitung zur Collage in Photoshop mit festgelegter Bildhöhe exportieren, und schon sind alle Einzelfotos automatisch exakt gleich hoch.

Damit sollten dann alle Bilder weitestgehend automatisiert verarbeitbar sein und die gleichen Abmessungen haben. Damit müsste ich es dann beim Zusammensetzen zur Collage auch bedeutend(!) einfacher haben – denke ich mir. Werde ich bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit herausfinden.

Bis bald.

Buchvorstellung: Zack Arias – Photography Q&A

Hallo. Schön, dass Du wieder da bist.

Ich hatte vor einer ganzen Weile schon einmal eines der Bücher aus meinem fotobezogenen Buchregal herausgezogen und kurz vorgestellt. Heute ist mal ein anderes dran, das ich nach dem
ersten Lesen auch immer mal wieder hervorziehe: Photography Q&A.

Der Autor ist Zack Arias, ein Fotograf aus Atlanta.  Er hatte einen Tumblr-Blog aufgesetzt mit dem Titel Photography Q&A, wo man ihm jedwede mit Fotografie zusammen hängende Frage stellen konnte. 1.500 Fragen und Antworten sind zusammengekommen. Manchmal ist die Antwort ein einfaches “Yes”, manchmal füllt sie einige Seiten. Das Projekt ist seit 2013 abgeschlossen, das Archiv der Fragen und Antworten ist hier aber noch zugänglich. Aus diesen Fragen und Antworten heraus ist das Buch hervorgegangen. Natürlich nicht mit allen 1.500 Fragen, sondern mit einer herunter editierten Auswahl.

Mr. Arias schreibt im Vorwort, dass er an der einen oder anderen Stelle über die im Blog gegebenen Antworten hinausgeht, und er streut auch gelegentliche “Visual Intermission” genannte Kapitel ein, damit das Buch nicht ausschließlich aus Text besteht.

Sein Schreibstil ist sehr ehrlich und erdig, eben ganz wie man es von einem Typ wie ihm erwarten würde. Wenn ihr wissen möchtet, was er für ein Typ ist, schaut auf seine Website, oder googelt mal nach seinem Youtube-Kanal. Als Startpunkt hier mal die Links zu zwei seiner Videos, die ich richtig gut finde:
Transform :: A short film for www.ScottKelby.com
Crop Sensors vs Full Frame :: Crop Or Crap?

Alsooooo, wenn Du seinen persönlichen Stil magst, und Bücher magst, schau doch mal, ob die in ein Buch gegossene Essenz seines Q&A-Blogs was für Dein Bücherregal ist (Amazon-Link).

Und solltest Du in diesem Blogpost eine Bereicherung Deines heutigen Tages sehen, oder zwischendurch mal kurz geschmunzelt haben, oder wenigstens nicht gegähnt, dann teile den Blogpost vielleicht mit Deinen Freunden auf den diversen Social-Media-Kanälen. Die entsprechenden Knöppchen dafür habe ich gleich hier unten persönlich hingemalt. Von Hand! Echt!

Bis bald.