Ich mag ja Fensterlicht.Wenn ein hinreichend großes Fenster verfügbar und draußen in irgendeiner Form Tageslicht vorhanden ist, die Sonne aber nicht direkt in ‘mein’ Fenster herein scheint, und dann noch die Umgebung des Fensters fotografisch nutzbar ist. Dann ist Fensterlicht oft eine herrliche Angelegenheit zum unbeschwerten Fotografieren.
Was aber, wenn das Shooting im Winter abends stattfindet? Oder sonst eine der oben aufgezählten Voraussetzungen nicht passt?
Muss ich dann auf mein geliebtes Fensterlicht verzichten?
Antwort: JA und NEIN.
JA, denn von Blitzsynchronzeiten und Blitzlichtgeraffel befreites Fotografieren ist dann passé. Dieser Vorteil des Fensterlichts ist dan wirklich weg. Aber zugleich lautet die Antwort auch:
NEIN, denn ich kann mir künstliches Fensterlicht an jeder beliebigen Stelle in jedem beliebigem Raum aufbauen. Dazu braucht es nicht sehr viel an Material und auch nicht unbedingt sehr viel Platz.
Es reicht ein mittelgroßer Diffusor, also im Prinzip ein aufgespanntes, weißes, lichtdurchlässiges Stück Stoff, das von der Rückseite aus mit einem Blitzlicht befeuert wird. Der Diffusor ist sozusagen meine Fensterscheibe, das Blitzlicht die Sonne. Mit “Rückseite des Diffusors” meine ich natürlich die Seite, auf der NICHT das Model steht.
Um nun die Lichtverteilung auf meinem Diffusor möglichst flächig zu halten und keine Hotspots zu produzieren, empfiehlt es sich, das Blitzlicht bereits an der Quelle schon einmal zu streuen. Zum Beispiel, indem Du den Blitz durch eine Softbox oder einen Schirm (oder gar beides) schießt. Oder, indem Du den Blitz vom Diffusor weg richtest und sein Licht von einer vorteilhafterweise nahegelegenen weißen Wand reflektieren und so auf die Rückseite des Diffusors fallen lässt. Da führen wieder viele Wege nach Rom.
Ziel des ganzen ist jedenfalls, den Diffusor – mein Fenster – annähernd gleichmäßig zu beleuchten. Der Diffusor streut das Licht dann seinerseits noch einmal, bevor es auf das Model trifft.
Bei dem Homeshooting mit Daniela habe ich mit dieser Technik gearbeitet.
Als Diffusor war ein PRO-Reflektorrahmen der Firma California Sunbounce mit einer 2/3-Diffusorbespannung im Einsatz. Der stand aufrecht mit seiner Unterkante auf dem Fußende vom Bett und wurde von Stativen mit den passenden Halteklammern gehalten. Hinter dem Reflektor hatte ich einen Kompaktblitz positioniert, der durch eine 60x60er Softbox von Lastolite blitzte. Diese Lichtquelle zielte aus ca. 1 Meter Entfernung auf die Mitte des Diffusors. Das ergab auf der gesamten Diffusorfläche ein annähernd gleichmäßig helles Licht. Und das wiederum ergab dann ein wunderbar weiches, schnell in Schatten abfallendes Licht auf Daniela, siehe oben.
Hier noch eine kleine Skizze vom Aufbau:
Übrigens: Nein, es muss natürlich nicht zwingend so ein eher teurer Sunbounce-Diffusor sein. Ich finde diese Reflektoren halt gut (warum das so ist, hatte ich hier mal aufgeschrieben) und habe inzwischen das eine oder andere Teil aus deren Produktion, so dass ich sie dann auch gerne benutze. Aber im Prinzip würde hier auch ein simples Stück Stoff funktionieren. Vorausgesetzt, es ist eben in ähnlicher Form lichtdurchlässig. Oder das Diffusor-Innenleben eines (größeren) 5in1-Reflektors.
Das ändert nichts am Prinzip.
Und noch ein “Übrigens”: Ja, möglicherweise hätte ich den gleichen Effekt allein mit einer wirklich großen Softbox erreichen können. Hätte den Aufbau nochmals vereinfacht: Einfach die 150cm-Octabox auf einen Studioblitz geschnallt und auf das Stativ gepackt. Das wäre sicherlich auch eine gute Lösung gewesen. ABER zum Einen wollte ich gezielt die oben beschriebene Lösung einmal ausprobieren, zum Anderen war vor Ort ganz einfach nicht genug Platz für die 150er Octabox. Denn das Shooting fand in ziemlich beengten Verhältnissen statt, wie Du hier nachlesen kannst.