Blitzsynchronzeit pt. 2 – Umgehungsstrategien

WAS die Blitzsynchronzeit ist, und warum sie bisweilen zu einem Problem werden kann, hatte ich ja hier im letzten Blogpost beleuchtet. Heute geht es um die Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen, um diese Schallgrenze zu knacken oder zu umgehen.

Blitz ausschalten

Nein, das soll kein Witz sein. Bevor ihr euch nämlich vor Ort im Shooting mit irgendeiner der nachfolgend geschilderten hochtechnischen und kompromißbehafteten Umgehungsstrategien auseinandersetzt, atmet erstmal durch, schaut euch um, und überlegt, ob das Foto, dass ihr machen wollt tatsächlich unbedingt den Einsatz eines Blitzgerätes erfordert. Wenn es nämlich zum Beispiel nur um ein bißchen Aufhellung geht, reicht ja vielleicht auch ein passender Reflektor. Oder ihr müsst vielleicht nur geringfügigste Änderungen der Ausrichtung oder Gestaltung vornehmen und könnt mit dem natürlichen Licht fotografieren.

Auf alle Fälle sollte man getreu dem Motto „Lass weg, was Stress macht“ die Option „Blitz aus“ als mögliche Problemlösung in Erwägung ziehen.

FP bzw. HSS

FP (Focal-Plane-Modus [Nikon]) bzw. HSS (High-Speed-Sync [Canon]) ist eine herstellerspezifische Lösung, die sich im Zusammenspiel aus den Kameras mit den jeweiligen Systemblitzgeräten – a.k.a. Taschensonnen – nutzen lässt. Das ist also per se nichts für den Einsatz rein manueller Blitzgeräte – egal ob Aufsteckblitz oder Porty, sondern eine Lösung, die nur im jeweiligen proprietären
Blitzsteuerungssystem des Herstellers anwendbar ist. Und auch da muss man vorher – jedenfalls bei Nikon – genau schauen, ob a) der Blitz hierfür geeignet ist und b) die Kamera diese Technik unterstützt. Generell kann man davon ausgehen, dass „je teurer, desto ja“ gilt – also dass die hochpreisigeren Kamera- und Blitzmodelle eines Herstellers diese Lösung unterstützen.

Was ist FP/HSS denn nun?

Ihr erinnert euch an die schematische Darstellung der Verschlussbewegung bei sehr kurzen Verschlusszeiten aus dem vorherigen Blogpost? Diese hier?


Um bei einer solchen Verschlussbewegung trotzdem die ganze Sensorfläche mit Photonen aus dem Blitzlicht beschießen zu können, wird bei Nutzung von FP/HSS der Blitz im Prinzip in ein Stroboskop verwandelt. So kann der Blitz über die gesamte Zeit, die die Schlitzöffnung des Verschlusses für den Weg über den Sensor braucht, eine gleichmäßige Lichtmenge abgeben.

Der Vorteil: Selbst bei kürzesten Verschlusszeiten kann ich mit Blitzlicht fotografieren.

Der Nachteil: Die Leistungsfähigkeit des Blitzes geht prächtig in die Knie. Denn der Blitz kann ja nun nicht mehr die gesamte Kondensatorladung geballt in einen einzelnen Blitz stecken, sondern muss die Ladung des Kondensators ja häppchenweise abgeben, damit jedes Teilstück des Bildsensors die gleiche Lichtmenge abbekommt. Da kommt man dann schnell an die Leistungsgrenze des Blitzgerätes, auch wenn man den Blitz so nah wie möglich ans Model gestellt hat. Abhilfe schafft dann im Zweifel nur, die Zahl der Blitzgeräte zu vervielfachen.

Supersync

Im Gegensatz zur FP/HSS wird aus dem Blitz kein Stroboskop gemacht, sondern er blitzt nur einmal. Beim Supersync macht man sich aber das Zusammentreffen eines a) relativ langsam abbrennenden Blitzes mit einer b) insgesamt sehr kurzen Belichtungszeit zu nutze.

Was heißt das jetzt?

Zunächst einmal muss man wissen, dass auch ein Blitz – den wir ja nur als einen superkurzen Lichtimpuls wahrnehmen – technisch betrachtet eine gewisse Zeit andauert und während dieser Dauer unterschiedlich hell ist. Insofern kann man das Verhalten eines Blitzes beim Abbrennen als sog. Abbrennkurve wie nebenstehend gezeigt skizzieren.

Der Blitz erreicht also kurz nach dem Auslösen seine höchste Leuchtkraft. Diese sinkt dann nach dem Peak zunächst recht schnell und im weiteren Verlauf immer langsamer. Die insgesamt abgegebene Blitzleistung wird dabei durch die ausgefüllte Fläche unterhalb der Blitzkurve dargestellt. Je nach Bauart des Blitzes kann die faktische Dauer eines Blitzes bei gleicher Lichtmenge sehr kurz (z. B. 1/5.000 sec.) oder relativ lang (1/500 sec.) sein. In Abbrennkurven übersetzt kann man das so darstellen:

WENN JETZT meine Belichtungszeit kürzer ist als die Abbrenndauer des Blitzes UND ich es schaffe, den Beginn der Belichtung mit der Abbrennkurve meines Blitzes in geeigneter Weise zu synchronisieren, dann stellt ja der einzelne Blitz angesichts der superkurzen Belichtungszeit im Prinzip ein Dauerlicht dar. Auch das zur Veranschaulichung mal als Skizze:

Der Vorteil:

Ich kann auch bei superkurzen Belichtungszeiten kräftige Blitzleistung abrufen, weil der Blitz die gesamte Kondensatorladung in einen einzelnen Blitz pumpen kann.

Der Nachteil:

Über die Dauer der Belichtung kann die Blitzleistung variieren – siehe obige Kurve. Und damit können sich aufgrund des während der Belichtungszeit über den Sensor wandernden Schlitzes vom Verschluss unterschieldich hell belichtete Zonen im Foto ergeben.

Vor allem aber gibt es SEHR viele Variablen, die zum Gelingen oder Scheitern dieser Methode beitragen:

Zunächst einmal wären da die auf den Blitz bezogenen Variablen:

  • Wie lang ist die Abbrennzeit?
  • Welche Charakteristik hat die Abbrennkurve?
  • Und um es ganz einfach zu machen sind Abbrennzeit und Abbrennkurve auch noch je nach verwendeter Leistungsstufe des Blitzes unterschiedlich – ein schwächerer Blitz ist typischerweise von kürzerer Dauer als ein stärkerer Blitz

Dann wären da die Variablen in Bezug auf die Kamera:

  • Wie hoch ist die Auslöseverzögerung?
  • Wie schnell ist die Signalverarbeitung in der Kamera?
  • Wie schnell ist die eingestellte Belichtungszeit?
  • Wie groß ist der Sensor? Bei einem größeren Sensor muss der Verschluss ja einen längeren Weg zurücklegen als bei einem kleineren Sensor.

Und nicht zu vergessen die Variablen in Bezug auf die Verbindung zwischen Kamera und Blitz:

  • Geschwindigkeit der Signalverarbeitung bei Funkauslösung
  • Geschwindigkeit der Signalübertragung bei Kabelauslösung

Alle diese Dinge müssen zueinander passen, damit es „im richtigen Moment“ blitzt. Und damit ist klar, dass ich hierzu keine konkreten Empfehlungen aussprechen kann. Da muss man selber mal ran, um auszuprobieren, welche Auslöser mit welcher Kamera und welchem Blitz bei welcher Belichtungszeit und Blitzleistung zu guten Ergebnissen führen. Googelt mal im WWW nach Supersync, da finden sich einige Erfahrungsberichte, die aber immer mit dem gleichen Disclaimer versehen sind: Nämlich dass diese und jene Kombination bei dem Autor funktioniert haben. Das heißt aber nicht, dass es bei einer anderen Kamera des gleichen Herstellers – oder sogar mit dem genau gleichen Kameramodell – auch bei euch funktioniert. Ist das Leben nicht schön mit available Light?

Soweit zu Supersync.

Sonst noch was?

Ein paar abschließende Möglichkeiten, die Blitzsynchronzeit auszuhebeln kommen im nächsten Teil. Da wird es dann auch wieder etwas einfacher… Erholt euch gut.

Eine Antwort auf „Blitzsynchronzeit pt. 2 – Umgehungsstrategien“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert