Wie groß soll denn die Softbox sein?

Diese Frage wurde neulich von einem fotointeressierten Freund an mich herangetragen, der soeben dabei ist, sich in den immerwährenden Malstrom der ewigen Fotozeuchmaterialbeschaffung zu stürzen. Gott sei seiner Seele gnädig…

Wie auch immer, jener Freund erhoffte sich natürlich ein paar konkrete Tipps und Hinweise, die ihm dazu verhelfen sollten, aus der schier unendlichen Masse angebotener Softboxen für seinen Systemblitz die genau für ihn richtige auszuwählen. Eine schier unglaubliche Erwartungshaltung. Denn wie immer in der Fotografie lautet die Antwort hier natürlich auch (und jetzt alle gemeinsam:)

ES KOMMT DARAUF AN.

Seufz. Mal wieder. Also, worauf kommt es diesmal an?

Naja, die Stichworte sind zum Beispiel: Anwendungszweck, gewünschte Lichtqualität, und gewünschter/nötiger Arbeitsabstand. Doch der Reihe nach:

Anwendungszweck:

Das ist grundsätzlich schnell erklärt. Wenn ich Produktfotograf für Schmuck oder andere Kleinteile bin, komme ich tendenziell mit einer ziemlich kleinen Softbox hin (z. B. 40×40 cm), weil die im Verhältnis zu den fotografierten Objekten schon ganz schön groß ist.

Möchte ich regelmäßig Personengruppen, Elefanten oder Autos ausleuchten, muss es halt etwas größer werden. Da ist dann auch eine 150cm Octabox nicht unbedingt übertrieben.

Für die folgenden Schilderungen gehe ich einfach mal von dem Anwendungszweck meines Freundes aus: Portraits von Einzelpersonen.

gewünschte Lichtqualität:

Gemeint ist hier vor allem der Grad der Härte des Lichtes. Der Zusammenhang zwischen der relativen Größe der Lichtquelle und der Härte des Lichtes ist bekannt? Wenn nicht, bitte hier entlang und mal einen kurzen Blick auf die Grundlagen werfen. Ich warte solange.

So, zurück? Oder gar nicht weg gewesen? OK, dann geht es weiter.

Wie hart oder weich ich mein Licht mache, basiert ja idealerweise auf zwei Dingen:

a) Auf den lichtbezogenen Erfordernissen der fotografierten Person
b) Auf dem persönlichen Geschmack

Bei b) kann ich nicht viel helfen. Schaut euch um. Schaut viele Bilder an, findet heraus, welche euch gefallen und findet dann heraus, wie sie wohl gemacht wurden. Ihr werdet mit der Zeit herausfinden, welche Sorte Licht euch im jeweiligen Anwendungsfall mehr zusagt. Experimentiert. Leiht euch von einem Kumpel mal das eine oder andere Lichtformerchen aus und lebt nach dem Grundsatz ‚probieren geht über studieren‘. Das braucht allerdings Zeit und der Geschmack verändert sich ja auch mit der Zeit. Aber nur so geht es.

Zu a): Was zum Teufel sind lichtbezogene Erfordernisse? Naja, mal ganz plakativ und vereinfacht: Von einer jungen Frau mit glatter Haut kann ich auch mit hartem Licht ein durchaus schmeichelhaftes Portrait machen, bei ihrer Oma wird das dann schon schwieriger. Da führt dann der Einsatz harten Lichtes eher zu einem Charakterportrait. Das ist nicht per se zu verdammen, man sollte nur die unterschiedliche Wirkung von hartem vs. weichem Licht kennen und unterscheiden, was denn das Ziel der jeweiligen Portraitsitzung ist. Oder ich fotografiere einen kantigen Kerl, dessen 3-Tage-Bart und Linien dem Gesicht prächtig Charakter geben. Da wäre weiches Licht dann eher kontraproduktiv, denn das würde der Kantigkeit und Ausdruckskraft zuwiderlaufen.

Diese Erfordernisse jedenfalls sind es, die im Zweifel die Wahl des geeigneten Lichtformers bestimmen.

Arbeitsabstand:

In dem oben verlinkten Grundagenartikel hatte ich ja schon mal die Wirkung des Abstands der Lichtquelle von der portraitierten Person angesprochen. Essenz: Je näher dran, desto weicher das Licht, bzw. die Umkehrung: Je weiter weg, desto härter das Licht.

Angenommen, ich habe eine Softbox mit einer Größe von 60x60cm, und weiß, die würde mir bei einer Entfernung von einem Meter den genau idealen Härtegrad an Licht geben. Dann stelle ich folglich  das Stativ mit dem Blitz und der Softbox ca. 1m von der Person entfernt auf, so dass das Licht etwa aus einem 45° Winkel zur Kameraachse von links und leicht von oben kommt. Nun kann ich schön eng geschnittene Portraits von der Person machen.
Was wäre aber, wenn ich der Person Raum in meinem Bild geben will? Wenn also z. B. links von der Person noch negativer Raum vorhanden sein soll?

Voraussichtlich hätte ich dann wohl mein Lichtstativ im Bild und möglicherweise noch einen Teil der Softbox gleich dazu.

Ich müsste also mein Stativ aus dem Bild heraus bewegen. Da ich typischerweise weder den (horizontalen) Winkel meines Lichtes zur Kameraachse noch den vertikalen Winkel des Lichtes zur portraitierten Person ändern möchte, bleibt mir nur der Weg nach hinten und nach oben aus dem Bildfeld der Kamera heraus.

Und was passiert dann?

Meine Lichtquelle wird in Relation zur Person kleiner, das Licht also härter. Um nun ein gleich weiches Licht wie vorher zu bekommen, müsste ich also eine entsprechend größere Softbox nehmen.
(Ja, ich weiß: Ich kann auch einem Galgenstativ versuchen, das Stativ aus dem Bildfeld zu bekommen und die Softbox trotzdem an der annähernd gleichen Stelle zu positionieren; aber hier geht es ja erstmal um Plan A und noch nicht um die Pläne B bis Z).

Insofern bestimmt auch der Arbeitsabstand irgendwo die benötigte Größe der Softbox, denn der Abstand des Lichtformers von der Person ist untrennbar mit der Lichtqualität verbunden.

Sonst noch was?

Ja klar, jede Menge. Neben den idealisierten Abhandlungen darüber, dass die Anforderungen des Motivs, der Bildaussage und der Bildgestaltung die Größe des Lichtformers bestimmen, kommen ja noch ein paar Nebensächlichkeiten hinzu. Zum Beispiel die Größe des Raumes, den ich überhaupt zur Verfügung habe. Gerade wenn ich in der Raumhöhe beschränkt bin, kann ich schlichtweg mein Licht nicht unendlich weit nach hinten ziehen, um massig negativen Raum im Bild zu produzieren, weil ich – je weiter ich nach hinten gehe – ja auch nach oben gehen muss, um das Licht dennoch ein wenig von oben kommen zu lassen.

Heißt übersetzt: Eine große Monstersoftbox nutzt mir da überhaupt nichts, wenn ich die nicht hoch genug fahren kann.

Dann ist da natürlich die Frage der Kosten.

Und die Frage, welche Softbox-Modelle in welchen Größen für meinen Blitz überhaupt verfügbar sind.

Und die Frage, ob das Handling beim Auf- und Abbau der Softbox eine Rolle spielt. Wenn z. B. die Softbox nur einmal aufgebaut und dann im einsatzbereiten Zustand gelagert wird, spielt das keine Rolle. Da ist es egal, wenn der Aufbau fummelig ist. Bin ich aber mit meinem Softboxen ständig unterwegs oder knapp an Lagerplatz, wäre z. B. eine Softbox mit stabiler Schirm-Mechanik eine sinnvolle Sache.

Aha. Und wie hilft das jetzt meinem Freund?

Naja, er weiß jetzt, dass er sich vorrangig mal überlegen sollte, was wohl der vorrangige Einsatzzweck der Softbox sein wird. Und er kennt jetzt ein paar Grundlagen, wie Größe und Distanz der Lichtquelle die Qualität des Lichtes beeinflussen. Und er weiß, dass er sich für Portraits von Einzelpersonen in engeren räumlichen Verhältnissen erstmal am besten eine Softbox mittlerer Größe kauft. Und, dass er für die Abdeckung eines größeren Bildfeldes immer noch zum Schirm greifen kann und wo er sich einen Haufen Zeug zum Experimentieren leihen kann.

Also dann, bis bald.

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