Vom Formatwechsel

Das Sensorformat. Unerschöpflicher Quell endloser Diskussionen über die Vorzüge und Nachteile des größeren gegenüber dem kleineren Sensor, egal ob sachlich korrekt, eingebildet oder im konkreten Anwendungsfall überhaupt relevant. Wobei in aller Regel eher über die Vorzüge des größeren Sensors geredet wird, und eine gewisse Grundeinigkeit darüber zu bestehen scheint, dass die Formel “größer” = “besser” absolute Gültigkeit habe.

Mythen ranken sich um die besseren Leistungen bei hohen Lichtempfindlichkeiten – wobei deren Abhängigkeit von der Pixeldichte und damit Pixelgröße und der Aktualität der Signalverarbeitungsmaschinierie In der Kamera gern dezent ausgeblendet wird – und um den ganz anderen Look & Feel der Bilder, insbesondere durch die viel krassere Freistellung bei Offenblende.

Naja.

Letztlich ist die Sensorgröße einer Kamera doch einfach nur eine Eigenschaft, die sich lediglich in Abhängigkeit vom Einsatzgebiet – vorzugsweise Grenzbereichen wie extremer Offenblende – visuell bemerkbar macht. Immer bemerkbar machen sich dagegen die größeren, schwereren und im Zweifel teureren Objektive, die man zur Abdeckung des größeren Sensors benötigt. Und zwar durch das Verbiegen der Schulter via Kameragurt/Tasche sowie in Form größerer Löcher auf dem Bankkonto.

Also: größeres Format immer = “besser”??

Die “besseren Leistung bei hohen ISO-Werten kann man m.E. getrost außen vor lassen. Erstens interessiert Bildrauschen sowieso nur Fotografen und sonst kein Schwein wirklich niemanden, zweitens sind alle Kameras mit einem einigermaßen großen Sensor da inzwischen auf einem superhohen Niveau, und drittens müsste man bei solche Vergleichen eigentlich die Pixeldichte pro Quadratzentimeter Sensorfläche und die Verarbeitungsmaschinerie berücksichtigen. Also: raus aus der Betrachtung.
Bei der Freistellung sieht das etwas anders aus: Ja, ich kann mit dem größeren Sensorformat bei gleichem Blendenwert und gleicher Brennweite eine bessere Freistellung erzielen. Vorteilhaft wäre es dabei aber, dass es mir meine fotografischen Fertigkeiten und mein Motiv erlauben, dann noch korrekt auf den Punkt zu fokussieren, und nicht das Bild insgesamt von einer korrekt sitzenden Schärfe freizustellen.

Die Kernfragen sind demnach:
1. Brauche ich wirklich diese Freistellungsmöglichkeit?
2. Kann ich damit auch umgehen?
3. Nehme ich die negativen Folgen (Gewicht, Preis) des größeren Formats in Kauf?

Bei mir lauteten die wirklich ehrlichen Antworten auf diese Fragen:
1. Nö.
2. Joa, möglicherweise.
3. Klaro!

Ihr seht, meine Entscheidung zum Formatwechsel war absolut geprägt von der vernunftgetriebenen Haltung, die ich oben in diesem Post skizziert habe und keinesfalls von einem triebgesteuerten “Haben-Wollen-Faktor”.
Glücklicherweise kam aber noch was anderes dazu, nämlich die Produktpalette des Herstellers.
Als ich im letzten Herbst die Entscheidung traf, es müsse meiner Halbformatkamera Nikon D300s ein ausstattungs- und handlingmäßig möglichst gleichartiges Kameragehäuse nachfolgen, damit ich selber über zwei kompetente Kameras verfüge und bei entsprechenden Anlässen nicht zwangsläufig auf geliehene Geräte angewiesen bin, hatte ich letztlich genau die Wahl zwischen einer weiteren D300s und der Vollformatkamera D800.

Auch wenn die D300s funktions- und bedienungsmäßig alles hatte/hat, was ich an einer Kamera jemals brauchen würde/werde, schied der Kauf einer weiteren D300s schon aufgrund der Weiterentwicklungen der Sensortechnologie aus. Denn die D300s ist einem Kameramodell aus 2009 mit Sensor- und Signalverarbeitungstechnologie aus 2007(!). Da lagen dann im Herbst 2013 richtige Generationen dazwischen. Warum Nikon bis jetzt immer noch keinen echten Nachfolger für dieses rasend beliebte Modell auf den Markt geworfen hat, erschließt sich mir echt nicht. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Und ja, ich weiß, es hätte noch andere, meiner alten D300s in Sachen Bildqualität (jedenfalls in Sachen Rauschen bei hohen ISO-Werten) allein durch Zeitablauf ebenfalls haushoch überlegene Kameras gegeben. Die hätten dann aber ein deutlich anderes Layout der Bedienelemente gehabt, so dass ein flüssiger Wechsel zwischen den Kameras (z.B. auf einer Hochzeit) erschwert worden wäre. Das habe ich mit einer D7100 als Backup-Kamera auf einer Hochzeit ausprobiert. Da habe ich dann lieber an meiner D300s Objektive gewechselt.

Ich jedenfalls hatte sozusagen einen echt objektiven Vernunftgrund, die D800 zu kaufen.

Inzwischen, nach einem 3/4-Jahr Übung mit der D800, lauten die Antworten bei mir übrigens:
1. Oft nicht, aber wenn, isses schon schön.
2. Es wird.
3. Der Preis ist lange vergessen.
Aber ich fotografiere irgendwie immer öfter mit meinen Festbrennweiten,
habe den Batteriegriff nur in begründeten Ausnahmefällen dran und
wähle sehr sorgfältig aus, welche Objektive ich so zusätzlich mitnehme…

Bis bald.

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