Was zum Teufel ist eigentlich ein “Headshot”

Tach. Neulich fragte mich jemand, was denn eigentlich die Rubrik “Headshot” in meinem Portfolio sei. Diese Frage habe ich hier mal in verschiedene Teilbereiche aufgebrochen und natürlich dann auch direkt in einem Pseudo-Q&A-Dialog beantwortet. Viel Spaß beim Lesen:

Q: WTF ist denn eigentlich ein Headshot?

Wenn man den Begriff einfach mal übersetzt, landet man in etwa bei „Kopfporträt“. Und genau das ist es an und für sich: Ein Foto, wo im Wesentlichen der Kopf und die Schultern einer Person abgebildet sind. Vielleicht noch ein bißchen Brustkorb dabei, oft aber auch extrem auf das Gesicht konzentriert.

Q: Also ist ein „Headshot“ im Prinzip nix anderes als ein simples Bewerbungsfoto? Nur, dass hier ein hochgehypter Anglizismus verwendet wird, damit man das Produkt dann teurer verkaufen kann?

Naja, es gibt schon Gemeinsamkeiten. Das wären die starke Konzentration auf das Gesicht und der oft völlig neutrale Hintergrund. Insofern kann auch ein „Headshot“ natürlich auch als Bewerbungsfoto dienen.

Q: Ha, wusste ich’s doch. Alles nur aufgeblasenes Marketing…

Naja, nicht wirklich. Der wesentliche Unterschied liegt an und für sich im Prozess und im Aufwand, der getrieben wird. Das, was hier in Deutschland typischerweise als Bewerbungsfoto (auch „Business Portrait“) kennen, ist oft davon geprägt, dass man sich in ein vorgefertigtes, und unabhängig von der Person immer gleiches Fotoset begibt, und dort vielleicht für 10 Minuten ein paar Bilder geschossen werden. Dabei kommt – schon aus reinem Zeitmangel – die Persönlichkeit der oder des Fotografierten in aller Regel nicht zum Tragen und es wird oft bloß eine maskenhafte Oberfläche fotografiert.

Q: Und das ist dann beim Headshot anders?

Ja, das ist der Plan. Beim Headshot geht es darum, unter die Oberfläche zu kommen und die Persönlichkeit so authentisch wie nur möglich einzufangen. Das fängt damit an, dass das Lichtsetup immer individuell auf die jeweilige Person eingerichtet wird. Natürlich gibt es ein gewisses Grundgerüst für den Aufbau, aber der Teufel (und damit der Aufwand) steckt ja bekanntlich immer im Detail. Und auf die Details kommt es hierbei – wo ich als Fotograf motivmäßig ja rein auf das Gesicht beschränkt bin – absolut an. Schon allein deshalb braucht ein richtiger Headshot deutlich mehr Zeit an der Kamera, damit der Mensch vor der Kamera sich eingewöhnen kann und locker(er) wird, und damit ich als Fotograf mich auf den Menschen einpegeln und seine wortwörtlich beste Seite, seinen besten Winkel herausfinden kann. Und das geht halt nicht „mal eben“ in 5 Minuten.

Q: OK, also das Licht ist individueller und es braucht deshalb etwas mehr Zeit?

Ja, das ist das eine. Daneben geht es auch echt um die Arbeit an den Details. Vor allem die Augen bestimmen, ob ein Gesichtsausdruck authentisch ist oder nicht. Jeder kennt ja Fotos mit diesem maskenhaften Grinsen, das allein auf einer starren und bewussten Muskelanstrengung um die Mundpartie herum beruht. Wenn die Augen nicht mitfunkeln, ist das einfach mal völliger Quark und absolut unglaubwürdig. Bei einer Headshot-Session muss der Ausdruck schon authentisch sein, sonst wirkt das einfach nicht. Daran muss intensiv gearbeitet werden. Und es ist meine Aufgabe als Fotograf, das aus meinen Kunden heraus zu holen.

Q: Ich versteh schon. Und das braucht dann wieder Zeit.

Genau so ist das.

Gut, wenn ich jemanden vor der Kamera habe, der an die Situation des „fotografiert-werdens“ absolut gewöhnt ist und der mit sich absolut im Reinen ist, kann auch eine Headshot-Session schnell zum gewünschten Erfolg sein. Aber auf wieviel Prozent der Bevölkerung trifft das denn zu? In aller Regel braucht ein ganz normaler Mensch schon mal mindestens 15 Minuten vor der Kamera um überhaupt erstmal ansatzweise aufzutauen.

Q: Was ist denn dabei das größte Hindernis?

Naja, vor allem muss eine Vertrauensbasis hergestellt werden, damit sich die Person vor der Kamera überhaupt öffnet und ihre oder seine authentische Persönlichkeit überhaupt zeigt. Man ist da ja in einer sehr verletzlichen Situation, insbesondere, wenn man den Fotografen oder die Fotografin gar nicht kennt. Um da überhaupt einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen, ist es absolut erforderlich, dass der oder die Fotografierte darauf setzen kann, dass unvorteilhafte Fotos niemals nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden. Da muss ich als Fotograf absolut integer sein und das auch rüberbringen. Zu dem Thema hatte ich mich hier auch schon mal etwas ausführlicher ausgelassen.

Und dann ist da noch die Sache mit der Kontrolle der Gesichtszüge. Jedermann und jederfrau versucht ja, sich vor einer Kamera bestmöglich zu präsentieren. Und um das zu erreichen versuchen sie, bewusst ihre Gesichtszüge zu kontrollieren. Es ist nur so: Das kann nahezu niemand. Wie auch? Das machen wir im normalen Leben ja einfach nicht. OK, ein Pokerface bringen viele Menschen zustande, aber gerade das ist in einer Fotosession ja nun auch nicht wirklich gefragt. Gut: erfahrene Modelle und Schauspieler haben sicherlich dank einiger Übung ein gewisses Maß an Kontrolle darüber, wie sie eine bestimmte Stimmung/einen bestimmten Ausdruck hervorrufen können. Aber auch das ist dann ja eine aufgesetzte Maske, die hier nicht unbedingt gefragt ist.

Halten wir also fest: So gut wie Keine(r) geht morgens zum Job oder zum Bäcker und denkt dabei die ganze Zeit darüber nach, ob wohl gerade der Gesichtsausdruck perfekt sitzt. Warum also ausgerechnet beim Fotoshooting? Wenn der Ausdruck optimiert werden kann, ist es der Job des Fotografen, das zu bemerken und den Kunden anzuleiten. Und alle Fotos, auf denen etwas nicht perfekt oder unvorteilhaft ist, wird halt einfach gelöscht.

Also liebe Leute: Lasst es einfach. Versucht nicht, euren Ausdruck zu kontrollieren, sondern entspannt einfach und lasst euch auf die Hinweise des Fotografen ein. Das führt immer zu den besten Ergebnissen. Und auch das erfordert dann eben Vertrauen in die Vorgehensweise des Fotografen und Zuversicht, dass dann das gewünschte Ergebnis am Ende der Fotositzung auch herauskommt.

Q: Also ist der Unterschied zwischen Bewerbungsfotos und einem Headshot am Ende einfach nur der Zeitaufwand der notwendig ist, um ein individuelles Setup und eine lockere Atmosphäre zu erreichen, die authentische Fotos ermöglicht?

Ja. Wobei das „nur“ halt ein relativ großes „nur“ ist. Wirklich gute Fotos entstehen nicht zwischen Tür und Angel, sondern brauchen etwas Zeit und Mühe. Aber keine Angst: Es wird sich nicht nach „Mühe“ anfühlen. Ein Satz, den ich oft (und sehr gern) nach einem Shooting höre ist „Das hat ja richtig Spaß gemacht.“ Yup, genau so soll das sein.

Q: OK. Und das Shooting findet dann bei Dir im Studio statt?

JA und NEIN. Mein Fotostudio ist kein fester Raum, sondern komplett mobil. Das kann bei mir stehen und das kann beim Kunden stehen. Und da ein Headshot-Setup nicht wirklich viel Platz benötigt, ist es in der Tat in jedem handelsüblichen Wohnzimmer machbar. Das Fotostudio kann also auch einfach zum Kunden kommen, was den Vorteil hat, dass die gesamte Garderobe ohne vorheriges Packen – also knitterfrei – zur Verfügung steht und der Entspannungsfaktor der vertrauten Umgebung einfach schon mal da ist.

Hier mal ein Headshot mit Setup-Fotos:

Links das Ergebnis // Mittig das Set aus Sicht des Fotografen // Rechts das Hauptlicht, eine Lichtzange aus Blitz und Reflektor

Q: Das ist ja praktisch. Und wie buche ich so ein Shooting bei Dir?

Gut, das Du fragst 🙂 …. Einfach hier entlang zum Kontaktformular und anfragen.

Update 2020: Die Auftragsfotografie habe ich inzwischen eingestellt. Insofern sind also keine Buchungen von Privataufträgen mehr möglich.